Dienstag, 19. Juni 2012

Susan Tyrrell ist tot. Goodbye, Queen Doris!

Quelle: susantyrrell.com

Gestern schon wurde bekannt, dass die wunderbare Susan Tyrrell im Alter von 67 Jahren den Weg alles Irdischen gegangen ist. Noch vor wenigen Wochen sprachen wir in unserem Podcast über das Bizarro Musical Forbidden Zone (1980), in dem Tyrrell eine der großartigsten Darbietungen am Ende ihrer Karriere bot - als bösartige und lüsterne Königin. So wundervoll der Film auch ist, am meisten wird mir die exzentrische Schauspielerin mit ihrer berührenden (und Oscar-nominierten!) Performance als "Oma" in Fat City (1972) in Erinnerung bleiben. Ein wundervolles Spätwerk von John Huston, dessen Herzstück die Beziehung zwischen Tyrell und Stacy "Mike Hammer" Keach ist.

Egal ob der dazugehörige Film schlecht oder gar großartig war, Tyrrell verlieh jeder ihrer Rollen eine besondere Note - irgendwo zwischen charmant und geisteskrank, manchmal gar beides - und machte den Streifen besser. Susan, du wirst mir fehlen *schnief!*

Freitag, 15. Juni 2012

Podcast #3 - Dämonen 2 (Dèmoni [1985]) & The Lost Boys (1987)

Diese Woche verausgaben wir uns wieder mal in Spielfilmlänge zu zwei kultisch verehrten Horrorstreifen mit sehr ähnlichen Zielgruppen - halbstarke Jungs und hysterische Teeniemädels. Zuerst dreht sich alles um den hierzulande unsinnigerweise mit Dämonen 2 betitelten Dèmoni von Lamberto Bava und Dario Argento. Ihr glaubt, Woody Allens Stardust Memories sei das berührendste Meta-Film-im-Film-Highlight des Jahres 1985 gewesen? Weit gefehlt! Hardrock, Koks, Guts 'n Gore und ein Blick aufs nächtliche Westberlin der 80er - schöner wird's nicht. Oder doch? In der zweiten Hälfte unseres Podcast dreht sich alles um einen der ersten großen Hits des späteren Batman Forever-Auteurs Joel Schumacher: The Lost Boys mit Jack Bauer, Jamie Yummy! Gertz und den beiden Coreys. Da werden Kindheitserinnerungen wach, was Daniel und mich zu jeder Menge off-topic Gequatsche verleitet. Ich hoffe, ihr habt ebenso viel Spaß beim Zuhören wie wir beim Palavern. Wir freuen uns schon aufs nächste Mal und trotzen weiter dem EM-Wahnsinn.

Mögt ihr den Podcast? Dann bitte fleißig weiterempfehlen und teilen via Facebook, Twitter oder sonstwie... meinetwegen gar analog. Feedback bitte an mail@bahnhofskino.com. Dickes Dankeschön wieder mal für Intro, Outro und diverse Musikschnipsel an Dan-O @DanoSongs.com!



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Mittwoch, 13. Juni 2012

Was wurde eigentlich aus Stephen Chow?

Stephen Chow, ihr wisst schon, der Typ, der uns zuletzt mit der herrlichen Martial Arts Crime Comedy Kung-Fu Hustle begeisterte. Aber das war 2004! Seitdem ist es erschreckend still geworden um den innovativen Regisseur und Actionstar. Sein letztes Regieprojekt war die zuckersüße Familienkomödie CJ7 - Nicht von dieser Welt (2007), die fast genau so heimlich, schnell und leise vom heimischen DVD-Markt verschwand, wie sie gekommen war. In seiner chinesischen Heimat erscheint in Kürze ein Remake der Bollywood-Komödie 3 Idiots, in der er eine der Hauptrollen spielt. Davon abgesehen konzentriert sich Chow aufs Dasein als Produzent. Schade, denn durchgeknalltes Actionkino, das mehr mit Looney Tunes gemein hat als mit dem auf PG13-Niveau weichgekochten immer gleichen Sequels und Remakes alter Mal sehen, was Chows Rolle in der zweiten Fortsetzung seines großen Durchbruchs, A Chinese Osyssey (1994), für uns bereit hält. Diese ist noch für 2012 angekündigt. *seufz!* Die Hoffnung stirbt zuletzt...

Stephen, I miss you!


(Der US-Trailer stinkt wie ein Berg drei Wochen alter Harzer Roller. Yurgg!)

Full Disclosure: warum mir gerade jetzt Hongkong Action-Slapstick so fehlt? Weil ich beim Betrachten des x-ten mittelmäßigen EM 2012-Fußballspiels an Chows wunderbaren Film Shaolin Soccer denken musste, der ungefähr 90 Minuten und 100 Prozent mehr Entertainment bietet als ein durchschnittliches Deutschland-Niederlande Match.

Sollte das Spiel des heutigen Abends großartig werden, nehme ich meinen verbitterten letzte Bemerkung zurück und kommentiere diesen Artikel entsprechend mit einem halbherzigen "eh, war nich' so gemeint". [aber nur sehr klein und fast nicht sichtbar]

Donnerstag, 7. Juni 2012

Podcast #2 - Conan der Barbar (1982) & Bloodsport (1988)

Bloodsport - Eine wahre Geschichte lautet der ursprüngliche Titel der Videoveröffentlichung des Van Damme Beinahe-Klassikers. Was genau den Jinjitsu-Kampfsport-Streifen so authentisch macht, verraten Daniel und ich euch in der dieswöchigen Episode. Außerdem sprechen wir über das Barbarenepos Conan the Barbarian. Ihr glaubt, dazu sei alles gesagt? Vielleicht. Dies hält uns aber nicht davon ab, unseren halbwissentlichen Senf dazu zu geben. Daniel erzählt euch außerdem, welches Videospiel er gerade ins Herz geschlossen hat, und ich verrate euch, ob Tobe Hoopers The Funhouse (1981, dt.: Das Kabinett des Schreckens) wirklich ein vergessener Klassiker des Maestros hinter The Texas Chainsaw Massacre und Poltergeist ist.

Bitte ignoriert, dass ich Arnie eine kleine Nebenrolle in Fat City (1972) zuschreibe. Dies ist natürlich Quatsch.

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Django Unchained (2012) hat ersten "Teaser Trailer" unleashed

Warum ein zweieinhalbminütiger Trailer nun als Teaser tituliert wird, das wissen wohl nur Quentin Tarantino oder die schlauen Herren aus der PR-Abteilung des Verleihs. Fest steht: Django Unchained, Tarantinos Ode an den Spaghettiwestern mit Christoph Waltz, Jamie Foxx und Leonardo Di Caprio sieht, äh, ganz-okay-beinahe-gut aus. Wem der Beginn des Trailers etwas zu sehr nach der $100 Millionen Westerncomedy-Grütze Wild Wild West (1999) mit Will Smith stinkt, den sollte spätestens der Franco Nero-Gastauftritt zum Finale versöhnen.

Ich bleibe skeptisch, wie immer bei Tarantino... und habe dennoch wenig Zweifel, dass er Weihnachten 2012 meine Skepsis mit einer doppelläufigen Schrotflinte wegpusten wird und einen verdammt guten Film abliefert.


Samstag, 2. Juni 2012

Podcast #1 - Bullet in the Head (1990) & Last Man Standing (1996)

In unserem Podcast Numero Uno beschäftigen Daniel und ich uns mit zwei weniger bekannten (oder beliebten) Filmen von kultisch verehrten Regisseuren: John Woo (The Killer, A Better Tomorrow) und Walter Hill (The Warriors, Nur 48 Stunden). Wir konnten uns auf einige Punkte hinsichtlich Bullet in the Head einigen ...nicht so im Falle des Yojimbo-Remakes mit Bruce Willis. Argh! Außerdem geht's um The Avengers, Forbidden Zone und so einiges mehr.

Timecodes:

  • 00:00:00 - 00:17:50 Rückblick auf unsere Filmwoche
  • 00:17:50 - 00:51:20 Filmkritik Bullet in the Head (John Woo, 1990)
  • 00:51:20 - 01:30:40 Filmkritik Last Man Standing (Walter Hill, 1996)

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Titelmusik mit thanks to Dan-O @DanoSongs.com


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Dienstag, 29. Mai 2012

Seagalogy - Das beste Filmbuch, nach dem niemand verlangt hat, geht in die zweite Auflage

Seagology - A Study of the Ass-Kicking Films of Steven Seagal ist der Titel des populärwissenschaftlichen Standardwerks über das Oeuvre Steven Seagals. Geschrieben hat es der zertifizierte Seagologe Vern, bekannt vor allem durch seine vor dementer Expertise strotzenden Artikel zu Actionstreifen jeder Couleur auf Aint it Cool News und innerhalb seines Blogs The Life and Art of Vern.



Das Buch ist kürzlich in einer zweiten, aktualisierten Neuauflage erschienen, umfasst nun alle Filme des Aikido-Großmeisters bis 2011, und enthält zudem ausführliche Gedanken zur TV-Serie Steven Seagal: Lawman. Was höre ich euch in eure nicht vorhandenen Bärte murmeln? Ihr habt seit Mitte der 90er keinen einzigen Streifen des mittlerweile adipösen Pferdeschwanzträgers mehr gesehen? Kein Problem. Die Freude an Seagalogy liegt im Entdecken der finsteren DTV-Momente des einstigen Actionstars. Alarmstufe: Rot (1992) kennt jeder. Aber Belly of the Beast (2003)? Pistol Whipped (2008)? Oder gar den qualitativ zweifelhaften Vampir-Actioner Against the Dark (2009)? Um mit quasi-wissenschaftlicher Kennerschaft auch über die weniger glanzvollen Momente des Herrn Seagal am wöchentlichen Actionconaisseur-Stammtisch zu referieren, führt kein Weg an Seagalogy vorbei.

Verns Mammutwerk ist eine herzzereißende Liebeserklärung an das testosterongeladene Actionkino der 80er und frühen 90er Jahre sowie zeitgenössischen Direct to Video-Actionschund ohne viel Verstand, aber - oftmals - mit viel Herz und Improvisationskunst. Der Autor spart nicht mit harscher Kritik, reagiert teils wie ein enttäuschter Liebhaber wenn Seagal wieder einmal zwischen zwei Filmen ein paar Pfunde zugelegt hat, nun nicht mehr so recht kämpfen kann und ein schlankeres Double die Stunts für ihn übernimmt. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Und selbst fünf qualitativ zweifelhafte Low Budget-Produktionen mit Steven Seagal in Folge sind kein zwingendes Indiz dafür, dass nicht die Nummer Sechs die Wende bringen kann. Danke, Vern, für diese Erkenntnis!

Freitag, 4. Mai 2012

Dreams of a Life (UK 2011) - Review

Ab und zu frage ich mich, warum es denn so viel reizvoller ist, abseits des Mainstreams nach Filmschätzchen zu buddeln als in den Multiplex-Kinosälen dieser Welt. Immerhin ist das oftmals ganz schön anstrengend und fruchtlos. Warum kann ich einen eher obskuren, gut 40 Jahre alten Superheldenfilm wie Danger: Diabolik ein Dutzend Mal ohne Ermüdungserscheinungen genießen während mich 200 Mio. Dollar All-Star-Superhero CGI-Bombast à la The Avengers kalt lässt. Einer der Gründe dafür (neben dem offensichtlichen Qualitätsvorsprung, den Diabolik vor Avengers hat), ist natürlich das gute Gefühl, eine echte Entdeckung gemacht zu haben und nun um eine cineastische Erfahrung reicher zu sein, die eine gewisse Exklusivität innewohnt. Ungleich zum medial omnipräsenten 2012er Hollywood-Blockbuster kann ich bei einer 1968er Italo-Actionkomödie ausblenden, dass mutmaßlich in vielen Teilen der Welt zehntausende anderer Filmliebhaber sitzen, die Mario Bavas Fumetti-Adaption verehren. In meinem kleinen Lohmiversum gehört der Streifen nur mir allein. My Preciousssssss!



Dreams of a Life, ein filmisches Essay der britischen Regisseurin Carol Morley, bescherte mir einen dieser exklusiven Was für eine Entdeckung!-Momente. Die Drama-Documentary (wieder ein neues Wort gelernt) erzählt vom Leben einer jungen Frau, Joyce Carol Vincent. Diese fand man im Jahr 2006 tot in ihrer Wohnung vor dem immer noch laufenden(!) Fernseher liegend, der Körper bis zur Unkenntlichkeit verrottet. Nur anhand des Abgleichs ihres Zahnabdrucks mit einem Foto, das ihr Lächeln zeigt, konnte man dem Leichnam eine Identität zuordnen. Das schockierendste Element an dieser traurigen Geschichte ist zum einen die Tatsache, dass Joyce zum Zeitpunkt des Auffindens ihres verwesten Körpers bereits drei Jahre tot war, umgeben von Weihnachtsgeschenken. Zudem wurde sie entdeckt von Mitarbeitern des Gerichtsvollziehers, der einen Räumungsbefehl für ihre Wohnung aufgrund der nicht bezahlten Miete erlassen hatte. Oder anders gesagt: nicht einer ihrer Freunde, ein Familienmitglied oder Nachbarn (die sich monate- und jahrelang nur über den modrigen Geruch, der aus Joyces Wohnung kam, wunderten), entdeckten den Leichnam, sondern ein völlig Fremder. Wie kam es dazu, dass eine junge, attraktive, sozial und beruflich erfolgreiche Frau den Anschluss zur Gesellschaft verlor und niemand ihr Verschwinden bemerkte? Dieser Frage geht Dreams of a Life nach.

Nach der Lektüre eines Sight & Sound-Interviews mit der Regisseurin, in der sie ihre Annäherung an das Thema der Dokumentation beschrieb, war ich zunächst skeptisch. Mit einer Zeitungsannonce und dem auf ein Londoner Taxi geklebten Aufruf an die Bevölkerung, dass jeder, der Joyce Carol Vincent kannte, sie anrufen möge, wollte Morley genügend Zeitzeugen erreichen, die ihr Auskunft über das Leben der unbekannten Toten geben konnten. Die recht große Gruppe an Interviewpartnern und Qualität der Gespräche, welche die Filmemacherin für ihre Dokumentation auf Film bannte, belehrten mich allerdings eines besseren: durch die Aussagen von Weggefährten - Ex-Partner, Mitbewohner, Kollegen und Freunde - entsteht vor unseren Augen das Portrait einer jungen Frau, deren Herkunft und Schicksal uns Rätsel aufgibt, und dennoch einen berührenden Einblick in ihre Seelenwelt gibt und ihr Bedürfnis, auch augenscheinlich engen Vertrauten wenig von sich preis zu geben und langfristige Bindungen zu vermeiden.

Quelle: Dreams of a Life Official Film Site (www.dreamsofalife.com)

Zu viele Details über das Leben der toten Joyce zu verraten, hieße, den Reiz der Dokumentation zu schmälern. Ebenso wie man seinen Mitmenschen nicht die Freude an einem Thriller nehmen sollte, indem man das Ende verrät, so sollte sich auch jeder Zuschauer von Dreams of a Life von den Filmemachern an die berührende Geschichte und ihre Protagonisten heranführen lassen - emotional wie intellektuell. Dies gelingt Carol Morley einerseits durch intelligent geführte und zusammengestellte Gesprächssequenzen. In diesen zeichnen ihre Interviewpartner wie z.B. Ex-Freund Martin Lister ein vorwiegend warmherziges Bild von Joyce, welches allerdings niemals in eine Art posthumer Beweihräucherung endet, da sie auch kritische Stimmen zulässt, die uns verdeutlichen, dass die junge Frau stets unnahbar und meist undurchschaubar blieb. Zum anderen sei Joyces Verkörperung durch die Schauspielerin Zawe Ashton hervorheben, die in den überwiegend wortlosen Spielszenen des Films Momente aus dem Leben der Toten darstellt, die den Zuschauer in einem Zustand zwischen Anteilnahme und Verständnislosigkeit zurück lassen. Auch hier vermeidet die Regisseurin das verkitschte Portrait eines Menschen, dessen Leben und Tod keinen Kitsch rechtfertigt.

Ein kleines Stück Leben - großartig inszeniert. Dreams of a Life ist mutiges, unkonventionelles, und vielfach preisgekröntes Doku-Kino, dem man auch hierzulande großen Erfolg wünscht. Es bleibt zu hoffen, dass der Film auch in Deutschland bald einen Verleih findet.