Sonntag, 25. Dezember 2005

The same procedure as every year...

Frohe Feiertage!

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Donnerstag, 22. Dezember 2005

Best of 2005 - Die besten DVD-Veröffentlichungen des Jahres: Teil I

Da glaubte ich bereits Ende 2004, dass so ziemlich jeder halbwegs populäre Titel mittlerweile auf der allseits beliebten Silberscheibe veröffentlicht worden wäre, und wurde dieses Jahr doch wieder mal überrascht von einigen Kuriositäten und Klassikern, die plötzlich erstmals oder in neuem Gewand ihren Weg ins digitale Heimkino-Zeitalter fanden.

Leider warte ich immer noch vergebens auf ein angemessenes Release der Mr. Moto-Reihe (1937-1939) mit Peter Lorre. Ein finaler Director's Cut von Blade Runner (1982) schlummert wohl weiterhin im Keller Ridley Scotts, bis die rechtliche Lage sich geklärt hat. Der 3-stündige Schnitt von Kill Bill (2003), eine Neuauflage von Dune (1984) und die zweite Staffel Twin Peaks stehen uns wohl Ende nächsten Jahres ins Haus. Und Warner erfüllt bereits im Januar einen meiner größten Wünsche mit einer Special Edition-Neuauflage von Peckinpahs Meisterwerk The Wild Bunch (1968). Der europäische Film der 60er und 70er ist inzwischen ordentlich auf DVD vertreten, auch wenn man fast immer auf Importe zurückgreifen müssen. Hoffen wir mal, dass E-M-S' Bava-Reihe sich (verdientermaßen) gut verkauft und weitere Werke des Regisseurs bald auch im deutschen Handel zu finden sind.


The Bird with a Crystal Plumage (I 1970) [R1]

Dario Argentos Debüt ist als solches nur schwer zu erkennen. Geradezu meisterhaft souverän erzählt er eine klassische giallo-Story um einen psychopathischen Mörder und dessen Verfolger in Anlehnung an Antonionis Blow-Up (1966) und Bavas Blutige Seide (1964). Das Ergebnis ist ein gleichermaßen spannender wie auch amüsanter Thriller, der Dank gut aufgelegter Darsteller wie Tony Musante, Suzy Kendall und Mario Adorf als Katzenliebhaber (ugh!) und innovativer Kameratricks verdientermaßen Kultstatus und auch kritische Wertschätzung genießt. Blue Undergrounds Veröffentlichung ist ein Traum: Tolles Bild, Audiooptionen in Hülle und Fülle (inkl. Originalmix und englischem DTS6.1) und delikates Bonusmaterial wie z.B. ein Audiokommentar mit Argento-Spezi Alan Jones und Plappermaul Kim Newman und diverse Interviews mit Vittorio Storaro, Ennio Morricone, Argento höchstpersönlich und einer griesgrämigen Eva Renzi ("Sei ruined mai cariäar!"). Friede ihrer Asche... und ein dickes Lob and Blue Underground.

Die Stunde wenn Dracula kommt (I 1960) [R2]
Da gelingt es E-M-S tatsächlich, mit ihrer Bava-Reihe sämtliche internationalen Mitbewerber in Sachen Qualität auszustechen. Der Schwarzweiß-Klassiker aus den Händen des italienischen Meisters sah noch nie so gut aus und wurde wirklich liebevoll fürs DVD-Format aufbereitet. Gothischer Horror in schaurigen Burgen, die gruselig sexy Barbara Steele und Bavas einzigarte Poesie in Sachen Kinematographie und Farbdramaturgie sind Elemente, die diesen Film so zeitlos erscheinen lassen (wobei nur der dümmliche deutsche Titel von La maschera del demonio noch störend wirkt). Die Jungs von E-M-S vereinen mit dieser Veröffentlichung das Beste beider Welten: ein neues, exzellentes Remaster des Films mit allen wichtigen Sprachfassungen (italienisch, englisch, deutsch) und alle Extras der nordamerikanischen (und audiovisuell üblen) VCI-DVD. Neben einem informativen Audiokommentar von Tim Lucas gibt's Trailer, internationale Vorspänne und sogar ein beiliegendes Comicheft. Über dessen Qualität kann man streiten, nicht aber über den Preis. Für rund €13 ist dies eines der Schnäppchen des Jahres!

Jules et Jim (F 1962) [R1]
Endlich! Endlich! Nach jahrelangen Gerüchten und mehrmaligem Verschieben des Veröffentlichungstermins liegt sie nun vor uns, die Criterion-Ausgabe des Nouvelle Vague-Meisterwerks Jules et Jim. Francois Truffauts Film erzählt von einer tragisch verlaufenden Dreiecksbeziehung zwischem den Freunden Jim (Oskar Werner), Jules (Henri Serre) und der schönen Catherine (Jeanne Moreau) im Frankreich der Jahrhundertwende. Leichtfüßig zwischen Ironie und Tragödie tänzelnd nimmt uns der Regisseur mit auf eine Reise durch intellektuelle Zirkel und emotionale Abgründe. In wunderschönen Scope-Bildern und von einem der besten Scores aller Zeiten (Komponist: Georges Delerue) begleitet ist dies eines der wenigen filmischen Werke, welches die literarische Vorlage von Henri-Pierre Roché nicht nur schon während der Eröffnungsmontage vergessen lässt, sondern sie gar übertrifft (ähem... meine Meinung). Die Criterion-Disc bietet ein unschlagbar brillantes Bild und einen glasklaren Sound. Die Extras erzählen uns mehr über die tatsächliche Geschichte hinter Rochés Roman, es gibt Interviews mit Mitarbeitern sowie Kritikern und einen hervorragen Audiokommentar mit der bezaubernden und schlagfertigen Jeanne Moreau. Ein gewohnt tolles Booklet und geschmackvolles Cover-Artwork sind bei Criterion ja bereits Standard, sollen hier aber dennoch nochmal lobend erwähnt werden.
Teil 2 der "Best of 2005"-DVDs in Kürze...

Donnerstag, 15. Dezember 2005

Weihnachten naht... und Peter Jacksons King Kong (2005) rettet meinen Glauben an den Hollywood-Blockbuster

Ich sitze gerade an den letzten Zeilen meines Reviews zur neuen R1 Special Edition von King Kong (1933). Der gestrige Kinobesuch von Peter Jacksons Remake gab mir dann doch genug Antrieb, auch meinen Senf zum vielgeliebten und -rezensierten Original zu geben. Morgen oder Samstag dürfte mein kritischer Erguß dann auf diesen Seiten zu finden sein.



Jacksons Kong fällt es erwartungsgemäß sehr schwer, mit Coopers und Schoedsacks Original zu konkurrieren. Im heutigen Zeitalter von CGI ist eben visuell fast alles möglich und unsere verwöhnten Äuglein so mittlerweile an spektakuläre Bilder gewöhnt. Glücklicherweise beherrscht der vom Hobbit zum kraushaarigen Ringo Starr-Verschnitt abgespeckte Regisseur die Kunst des Spezialeffektkinos meisterhaft. Der neue Kong ist seine bisher rundeste Kreation, sogar noch ein bisschen überzeugender als der schon nahezu perfekt umgesetzte Gollum im zweiten und dritten Teil der Herr der Ringe-Trilogie (2001-2003). Das Gerangel des Riesenaffen mit einem T-Rex-Trio(!!!) wirkt ebenso realistisch und mitreißend wie die subtileren Momente zwischen Naomi Watts und Kongs finaler Exitus auf der Spitze des Empire State Buildungs. Dass Jacksons WETA-Team mit Hilfe von Kollege Computer und ausgefeilten Miniaturen einen überzeugenden Dschungel samt Urzeitviechern aus dem Boden stampfen könnte, daran hatte ich nach deren Ausflug nach Mittelerde keine Zweifel. Das wahre Meisterstück jedoch ist die Rekonstruktion des New Yorks der 30er Jahre, ein photorealistisch und im Wechsel liebevoll und dramatisch von digitalen Kameras umkreistes Gesamtkunstwerk. Bravo!


Dass das Drehbuch weniger ausgereift ist als man es von Regisseur gewohnt ist, ist dank atemberaubender Nonstop-Action und ausgezeichneter Darsteller zu verkraften. Natürlich dürfen einige klassische One-liner nicht fehlen ("It was beauty that killed the beast"), doch das Gros der Dialoge basiert auf Philippa Boyens', Fran Walshs und Jacksons eigenem Drehbuch nach der 33er Vorlage von Cooper und Edgar Wallace. Watts, Jack Black, old Newcomer Jamie Bell (Billy Elliot) und natürlich Andy Serkis schlagen sich hervorragend, nur Adrien Brody wirkt als triefäugiger Actionheld deplaziert. Zwar verstehe ich die Motive des Autorenteams, Jack Driscoll vom raubeinigen Captain zum sensiblen Autoren zu updaten (Immerhin haben wir 2005 und vor Machismo triefende Actionhelden sind schon lange out!), doch führt dies zu mehr als unglaubwürdigen Momenten, wenn unser netter Geek zur Halbzeit des Films in einen athletischen Kämpfer und schlußendlich strahlenden Helden mutiert. Ein Wandel, der in Cronenbergs Die Fliege (1986) gerechtfertig war, hier aber bei mir nur Stirnrunzeln auslöste.

Nichtsdestotrotz: Die Neuauflage King Kongs ist der beste Hollywood-Blockbuster dieses Jahres. Der unanfechtbare Beweis, dass man auch im Zeitalter Michael Bays, Rob Cohens und Jerry Bruckheimers noch spektakuläre Geschichten erzählen kann, ohne Plot und Charaktere dem lauten Getöse zum Fraß vorzuwerfen. Und das ist schon mal so einiges wert!


P.S.:
Fans des Originals dürfen sich auf ein Vielzahl von Anspielungen auf Coopers und Schoedsacks King Kong freuen. Und wer wissen will, was aus dem "Sumatran Rat Monkey" aus Jacksons Braindead (1992) geworden ist, der sollte ebenfalls die Augen offen halten.

Sonntag, 11. Dezember 2005

Danger: Diabolik (I/F 1968) - Review [R1]

Mit John Phillip Law, Marisa Mell, Michel Piccoli, Adolfo Celi, Terry Thomas u.a.
Musik: Ennio Morricone
Kamera: Antonio Rinaldi
Produktion: Dino De Laurentiis, Bruno Todin
Buch: Mario Bava, Brian Degas, Tudor Gates, nach Diabolik von Angela und Luciana Giussani
Regie: Mario Bava



Mario Bavas Ausflug in die Welt der Comics ist ein immens vergnügliches Juwel des europäischen Films der 60er Jahre. Erstmals veröffentlicht wenige Jahre nach dem Erfolg der französischen Fantomas-Verfilmungen und kurz nach dem Start der verkitscht-albernen Batman-Fernsehserie mit Adam West, markiert Danger: Diabolik zusammen mit dem fast gleichzeitig erschienenen Barbarella (1968) den Höhepunkt des Comicfilm-Booms dieser Ära. Basierend auf den damals (und bis heute) in Italien sehr populären Fumetti von Angela und Luciana Giussani inszeniert der Maestro des Horrors einen herrlich überdrehten Trip in eine Welt voller größenwahnsinniger Schurken, trotteliger Polizisten und sexy Damen.

John Phillip Law spielt Diabolik, einen genialen Meisterdieb, der sich ebenso wie viele Bond-Bösewichter nicht mit Kleinigkeiten wie Handtaschenraub und simplen Banküberfällen zufrieden gibt, sondern die Herausforderung sucht. In der Eröffnungsszene sehen wir ihn beim Raub des (wie eine Figur am Rande kurz zuvor betont) "größten Barvermögens, das jemals auf öffentlichen Straßen transportiert wurde". Doch dies dient nur als Appetizer für Diaboliks spätere Coups, die an Finesse, Dramatik und Actiongehalt stetig zunehmen. Böse Zungen würden behaupten, seine Geliebte und Komplizin Eva (Marisa Mell) sei es, die ihn dazu antreibt, sein Leben wieder und wieder für Unmegen an Barem und Juwelen auf's Spiel zu setzen. Geld scheint das ultimative Aphrodisiakum in dieser Beziehung zu sein, der erst in den letzten, tragikomischen Momenten des Films eine gewisse Ernsthaftigkeit zuteil wird.

Alle Coups des zum Helden stilisierten Kriminellen bereits hier zu nennen wäre dem erstmaligen Sehgenuss dieses Streifens sicher nicht zuträglich. Der materielle Schaden, den Diaboliks Gegener erleiden müssen (ganz zu schweigen von mutmaßlich tausenden Menschenleben, die in einer kurzen, wahrhaft diabolischen Sequenz ausgelöscht werden), ist jedenfalls enorm und nur der Charme der Charaktere und Hauptdarsteller hält uns davon ab, Eva und Diabolik nicht als kaltblütige Terroristen sondern als sympathische Antihelden zu akzeptieren. John Phillip Law bietet als titelgebender Held eine starke darstellerische Leistung indem er seine Gestik und Mimik während seiner zahlreichen Streifzüge ins comichafte überhöht und in den ruhigeren Momenten des Films kalt, beinahe stoisch wirkt. Die kühle Fassade Laws schmilzt allein in den romantischen Momenten mit Marisa Mell dahin, die bis zur Halbzeit des Films größtenteils als erotische Staffage dient und erst später aktiver in die Handlung eingreift. Ihre einfallsreich gestalteten Kostümchen enthüllen jedenfalls mehr als sie verbergen und Mell trägt sie mit würdevoller Laszivität zur Schau. Eine vielschichtigere Charakterisierung unserer Protagonisten wäre in einem Spektakel wie Danger: Diabolik auch wirklich fehl am Platz.


Technisch versiert von Mario Bava (der auch am Drehbuch mitschrieb) in Szene gesetzt bietet Danger: Diabolik einen Vorgeschmack auf die überbordende Comic-Ästhetik Barbarellas und Mike Hodges' Flash Gordon. Man tut diesem actiongeladenen und mit wunderschönen Matte Paintings und einigen weniger wunderschönen Rückprojektionen geadelten Werk beinahe Unrecht, wenn man sein Budget von nur $400.000 herbeizitiert. Tatsächlich sieht man dem Film in fast keinem Augenblick die sparsame Hand Bavas an, der in den Jahren vor Danger: Diabolik bereits zahlreiche Horrorfilme mit einem Bruchteil dieses Betrags vollendet hatte. Neben Spezialeffekten, Verfolgungsjagden per Auto, Zug und Helikopter bleibt ihm aber immer noch Zeit für den ein oder anderen klassischen Bava-Moment, so z.B. als er eine denkwürdige Nahaufnahme von Christopher Lees nach seiner Geliebten greifenden Hände in La Frusta e il Corpo beinahe eins zu eins wiederverwendet. Die Beteiligung Ennio Morricones kam durch den einflußreichen Produzenten Dino De Laurentiis zustande und sein Score verleiht dem Film eben den finalen Touch Grandezza, der Danger: Diabolik aus der Obskurität hervorhebt und ihn hoffentlich bald so populär macht, wie es ihm zusteht. Die leichtfüßig-verspielten Melodien verlocken zum Mitsummen. Und der Titelsong Deep Deep Down dürfte jedem, der den Film gesehen hat, noch für viele Wochen in den Gehörgängen nachklingen.



Bild:Das Bild wurde zwar nicht restauriert, die vorhandenen Filmelemente liegen aber in bestmöglicher Qualität vor. Einige Einstellungen mit Spezialeffekten weisen starke Verunreinigungen auf, für einen Film dieses Alters ist die Videoqualität insgesamt jedoch erstaunlich gut und der DVD-Transfer nahezu perfekt.

Ton:
Die hier vorliegende englische Tonspur in mono 2.0 wird zwar keinen Surroundfetischisten vom Hocker reißen, bietet aber adäquate akkustische Begleitung für einen Film dieses Alters. Die Synchronisation ist weitestgehend gelungen und erspart sich krampfhaft witzige comic voices für die Nebendarsteller, wie sie offensichtlich bei der Erstveröffentlichung Verwendung fanden. Da sich die Hauptdarsteller selbst synchronisierten ist auch die Nichteinschließung des italienischen Soundtracks verzeihlich.

Extras:
Der Audiokommentar mit Hauptdarsteller John Phillip Law und Bava-Experte Tim Lucas ist amüsant und hält gekonnt Balance zwischen dem Erzählen von Anekdoten und der Vermittlung technischen Know-Hows. Die sehr amüsante und informative Doku From Fumetti to Film erzählt mit Hilfe von Comic-Historikern und prominenter Fans die Entstehungsgeschichte Diaboliks und enthält sogar Interviews mit Produzent De Laurentiis und Ennio Morricone. Der Kinotrailer verrät wieder mal viel zu viel über den Plot und das von Danger: Diabolik inspirierte Musikvideo Body Movin' der Beastie Boys (mit optionalem AK von Adam Yauch) rundet ein liebvoll zusammengestelltes Set an Extras ab. Ein Bravo! an Paramount für diese vorbildliche DVD-Umsetzung.



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Auf einer Skala von Hervorragend – Sehr gut – Gut – Okay – Mäßig – Schlecht
Film: Hervorragend
Bild: Sehr gut (1.85:1 anamorphic widescreen)
Ton: Sehr gut (Englisch DD 2.0 mono)
Extras: Sehr gut (Audiokommentar von John Phillip Law und Tim Lucas, Dokumentation, Kinotrailer, Musikvideo)