Samstag, 3. Januar 2015

Meine Lieblingsfilme 2014: Der Versuch eines Jahresrückblicks

2014 war ein fantastisches Jahr für das internationale Kino und unseren Podcast. Ein Füllhorn an bezaubernden Werken junger und bereits etablierter Filmemacher machte mir, der seinen Lebensunterhalt (leider) nicht mit der kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema Film bestreiten kann, mehr als einmal den Alltag schwer. Zu wenig Zeit, mitunter auch zu knapp bei Kasse, oder aber mental zu ausgebrannt - ja, das kommt vor - sind nur drei der nicht besonders überzeugenden Gründe dafür, dass ich so manche Kinopremiere oder Festival in diesem Jahr links liegen lassen musste. Frustrierend. Ähnlich verhielt es sich mit unseren Wunschtiteln und -themen für den Podcast: eine Liste, die eher länger denn kürzer wird und mir jegliche Hoffnung raubt, dass wir eines Tages an den Punkt kommen, an dem alles kritisch zerpflückt und gesagt wurde. Letztendlich ist aber dieses Überangebot an Filmfreuden auch befreiend, garantiert es doch, dass wir 2015 wiederum mühelos füllen können mit Diskussionen über Genrekino, die Filme unserer Kindheit und Jugend, und den kritischen Blick in die Zukunft des Zelluloids. Entschuldigt, ich meinte natürlich auf-Festplatten-gespeicherte-Audio-und-Video-Files. Egal, ob digital oder analog, neu oder alt, vor der Leinwand oder der Glotze - Kino bleibt meine große Liebe und gemeinsam mit Herrn Gramsch will ich diese mit Euch, unseren Hörern und Lesern, im Rahmen dieser Seite teilen.

Und jetzt, ohne weitere große Umschweife, meine liebsten, erstaunlich actionlastigen Kinofilme 2014. (Zu einigen Titeln gibt es mehr oder weniger lange Podcasts, die man hinter dem jeweiligen Link im Titel findet)

UNDER THE SKIN (2014) von Jonathan Glazer

Under the Skin (2013)

Jonathan Glazer empfiehlt sich ein knappes Jahrzehnt nach seinem bemerkenswerten Birth (2004) wiederum als heißer Anwärter auf den Titel Bester Filmemacher des Jahres. Ihm gelingt der perfekte Brückenschlag in der Symbiose dokumentarischen Filmmaterials mit klassisch inszenierten Spielszenen; in der Verquickung von Naturalismus und artifiziell überhöhter Welten; im Zusammenspiel größter Schwere und Traurigkeit und dem kompromisslosen Mut zur Sprachlosigkeit und Gefühlskälte. Under the Skin ist ohne Zweifel ein widerborstiges Meisterwerk, das den Regisseur auf der Höhe seiner Kunst zeigt und dessen Bilder und fantastische Klänge aus der Feder Mica Levis auch noch lange im Kopf bleiben, nachdem die Lichter im Kino wieder angegangen sind. Und viel mehr noch als Lucy (2014) und Captain America 2 (2014) etabliert Under the Skin Scarlett Johansson als größten Leinwand-Star des vergangenen Jahres.

The Raid 2: Berandal (2014)


Edge of Tomorrow (2014)

Tom Cruise und Doug Liman demonstrieren gekonnt, dass die großen US-Studios in Sachen atemberaubende Effektspektakel den kreativen Löffel noch nicht abgegeben haben. Leider dominierten letztendlich doch wieder die blechernen Transformers und gesichtslose Marvel-Monstrositäten die Kinokassen. Schade, denn Edge of Tomorrow a.k.a. All You Need Is Kill a.k.a. Live. Die. Repeat. ist das wahrscheinlich intelligenteste, witzigste und spannendste Hollywood Action-Ei, dass uns der Sommer 2014 gelegt hat. Endlos vergnüglich.

The Guest (2014)

Adam Wingard beweist nach You're Next (2011) ein weiteres Mal sein beeindruckendes Talent für kompromisslos harte und schnörkellose Action mit Horroreinschlag. The Guest ist geradlinig, schnell und unterstreicht seinen bitterbösen Zynismus mit einem Soundtrack, den Freunde von Drive (2011) und 80er-inspirierten Synthie-Klängen sofort ins Herz schließen werden. Und wenn Hauptdarsteller Dan Stevens nicht innerhalb der nächsten ein, zwei Jahre in den Status eines Hollywood-Superstars aufsteigt, fresse ich den sprichwörtlichen Besen.

THE SELFISH GIANT (2013) von Clio Barnard

The Selfish Giant (2013)

Der berührendste Film des Jahres erzählt die Geschichte zweier befreundeter Jungen und von ihrem Überleben in einer Welt, deren Armut und Tristesse erdrückend scheinen und sie doch niemals gänzlich niederringen können. Regisseurin Clio Barnard macht aus der Kurzgeschichte von Oscar Wilde eine berührende Ode an die Menschlichkeit, die Lust am Leben und den Mut, sich jeglichem konformistischen Denken und Handeln zu widersetzen. Ehrliches, britisches Drama vom Feinsten - nicht nur für Freunde von Ken Loach und Lynne Ramsay.

Blue Ruin (2014)


The Wolf of Wall Street (2013)

Für jeden Pluspunkt, den Martin Scorsese mit The Wolf of Wall Street sammelt, greift er zwei mal daneben. Zu lang, zu gehässig, zu hysterisch, zu dreist - sein Film ist vor allem zu viel von Allem. Aber gerade das macht seine Qualität aus. Wer sich nach drei Stunden aus dem Kinosessel erhebt, hat entweder gerade Höllenqualen durchlitten (tut mir leid. Viel Glück beim nächsten Mal), eine neue Inspirationsquelle im bulligen Zynismus Jordan Belforts (Leonardo di Caprio) und seiner Kollegen für sich entdeckt (tut mir leid. Ihr habt nichts verstanden und ich will nicht in Eurer Nähe sein), oder Scorseses besten Film seit 15 Jahren gesehen. Ich gehöre definitiv zur letztgenannten Gruppe. Und das fühlt sich verdammt gut an.

The Babadook (2014)


THE ONE I LOVE (2014) von Charlie McDowell

The One I Love (2014)

The One I Love ist vermutlich die ideale romantische Komödie für Menschen, die keine romantischen Komödien mögen. Denn weder ist der Film besonders leidenschaftlich noch himmelschreiend humorvoll. Stattdessen machen Regisseur Carlie McDowell und Autor Justin Lader aus einer altbekannten Prämisse etwas völlig Neues: die Beziehungs-Dramödie als Kammerspiel in der Twilight Zone. Und dabei schaffen es die Filmemacher auch noch, dass der für kleines Geld inszenierte Taschenspielertrick ähnlich glanzvoll daherkommt wie Under the Skin. Die stets hochklassige Elisabeth Moss und die sympathische Wurst Mark Duplass in den Hauptrollen - um genau zu sein: in den (fast) einzigen Rollen - machen das Vergnügen perfekt. Die Feel-mixed Comedy des Jahres.

Snowpiercer (2014)


Weiterhin empfehlenswert: Das finstere Tal (2014), Das merkwürdige Kätzchen (2013), Nymphomaniac (2014), Noah (2014), Blutgletscher (2013), They Came Together (2014), A Field in England (2013), Starred Up (2014), Philomena (2013), Eurocrime! (2013), Alan Partridge: Alpha Papa (2013) und weitere Filme, an die ich mich sicher erst erinnern werde, wenn diese Liste seit Langem vergessen ist.

4 Kommentare:

  1. Schön das es "Starred Up" in deine Fast-Liste geschafft hat. Noah verstehe ich allerdings weniger ( was auch vermutlich daran liegt das ich den gar nicht gesehen habe sondern wieder nur den Unkenrufen folge... :D )

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    1. NOAH fand ich abgrundtief merkwürdig und dabei irgendwie ganz wundervoll. Ein inszenatorischer Kraftakt von Aronowsky, bei dem man sich immer wieder fragt: meint der das ernst? Irgendwie zu verbissen und pathetisch, um als Satire durchzugehen. Und dann doch so over-the-top, dass man sich das Schmunzeln nicht verkneifen kann. So oder so: sehr unterhaltsam. Der geisteskranke Bibelfilm to end all Bibelfilme.

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    2. "Noah" habe ich bei meiner jährlichen Umfrage der "Neuen Osnabrücker Zeitung" zum ärgerlichsten Film des Jahres erkoren. Zuviel CGI, zuviel Pseudo-Shakespeare. Gruselig.
      Zum besten Film habe ich übrigens Asgar Fahanis "Le Passé" gewählt!

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    3. Habe ich leider (noch) nicht gesehen. Ich kann nachvollziehen, warum du NOAH ärgerlich findest - ich habe mir die erste halbe Stunde nur verwundert die Augen gerieben und mich dann einfach von all dem Pathos und der Computer-Trickserei freiwillig überrollen lassen.

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