Dienstag, 7. August 2012

A Nightmare on Elm Street reloaded (2010) - Remake-Horror unter der Lupe

Die Neuauflage des Wes Craven-Klassikers versinnbildlicht alles, was man mit dem Remake eines Horrorfilms - egal ob 20 oder 30 oder 70 Jahre alt - falsch machen kann. Ich hasse Listen. Ich hasse fast alle Remakes.

Es folgt eine Liste über typische Fehler bei Horrorfilm-Remakes.

"Ich wünschte, Sie hätten mir wenigstens ein cooles Makeup verpasst anstatt dieses Latexpuddings!"

1. Der Regisseur aka The Video Clip Boy Wonder: oh Wow, also Samuel Bayer ist dieser hippe Musikvideo-Regisseur (yeah!), der schon Natalie Imbruglia , Robbie Williams und Justin Timberlake (woah!) in Musikclips eindrucksvoll in Szene setzte (phat!). Natürlich kann er dies ebenso mit einer Ikone des Horrorfilms wie Freddy Krueger tun (damn right!). Immerhin hat Produzent Michael Bay ja schon beim *räusper* großartigen The Texas Chainsaw Massacre Remake von 2003 ähnlich gute Erfahrung mit MTV-Auteur Marcus Nispel gemacht. Gedankengang: Jugendliche lieben Musikvideos >> Jugendliche lieben Slasherfilme >> Jugendliche hassen alle Filme, die älter als fünf Jahre sind >> Jugendliche gucken keine Filme, die vor dem Jahr 2000 entstanden sind, aber lieben zeitgemäße Slasherfilm-Remakes von Musikvideo-Regisseuren.

Yeah, right. Fuck off!


2. Das Remake als Best-of Version des Originals: den Originalfilm einfach nur zu replizieren, liegt zwar schon im Namen des "Remakes". Dass man aber mit ein wenig Intelligenz und Herzblut einem alten Stoff neue Facetten abgewinnen kann, beweisen Filme wie Jonathan Demmes Neuauflage von The Manchurian Candidate (2004) oder John Carpenters The Thing (1982). Bay und Bayer (i.e. die Steigerungsform von Bay) entschieden sich allerdings dafür, ihre Lieblingsmomente aus Nightmare 1984 heraus zu picken und sie 1:1 zu kopieren ...lieblos und ungeachtet der Tatsache, dass ein filmisches Bild vielleicht beim zweiten Mal nicht den gleichen Schockeffekt erzielt wie beim ersten Mal; und dass auch Timing, Musik und Schauspielführung bei so einem Unterfangen eine wichtige Rolle spielen. Andererseits: Produzent und Regisseur gehen offenbar davon aus, dass niemand im Publikum Wes Cravens Originalfilm kennt und daher auch keine Vergleiche anstellt. Weil: siehe letzter Satz von Punkt 1.)


3. Die Effekte - Größer, Lauter, Langweiliger: die Behauptung, dass der 1984er A Nightmare on Elm Street effekttechnisch grandios wäre, ist natürlich albern. Man merkt der Originalversion ihre Low-Budget-Wurzeln deutlich an. Die Entscheidung, Freddys Pizzateig-Visage niemals bei voller Beleuchtung zu zeigen, entspringt zu Teilen Wes Cravens Unzufriedenheit mit den damaligen Makeup-Effekten. Und auch die mühsam an Drahtseilen aufgehängten Krakenarme des Bösewichts oder der Blob, in dem Nancys (Heather Langenkamp) Füße bei der finalen Flucht im Treppenhaus versinken, ist als eher amateurhafter Effekt leicht zu durchschauen. Was will ich damit sagen? DIE EFFEKTE DES ORIGINALFILMS SIND NICHT DER GRUND, WARUM A NIGHTMARE ON ELM STREET EIN KLASSIKER DES HORRORGENRES IST! Lieber Bay und Bayer: uninnovatives CGI, alberne Kameratricks und mehr Gore machen euer Remake weder spannender noch sonstwie besser. Ein guter Spannungsaufbau durch effektvolle Beleuchtung, stimmungsvollen Score und ein solides Drehbuch lässt sich nicht durch computergeneriertes Bling-Bling und akustische Schockeffekte ausgleichen. Bitte noch einmal diesbezüglich die Schulbank drücken!

Déjà vu? Was 1984 funktioniert, schockt in 2010 allemal ...oder?!


4. Unheimlich und Mysteriös vs. "Wir erklären den Zuschauern alles GANZ genau": Weniger talentierte Filmemacher, Marketingleute mit ach-so-toller Zielgruppenkenntnis, Jugendschutzbehörden und verunsicherte Studiobosse haben die unangenehme Eigenart, Filmschurken zu vermenschlichen und zu erklären. Gründe dafür sind vielfältig: a) ein weniger talentierter Filmemacher hat nicht die cojones in der Hose, das unbeschreiblich und unerklärbare(!) Böse rein visuell darzustellen im Vertrauen darauf, dass allein die spannende Inszenierung das Publikum fesselt. Die origin story muss als narrative Krücke herhalten. b) der Zielgruppenforscher informiert die d) Produzenten oder sonstige Geldgeber darüber, dass die Story viel zu konfus, anspruchsvoll oder sonstwie verwirrend für das vermeintliche dumme, junge Publikum des Films sei. Andererseits interessieren sich diese verrückten (crazy!) Teens ja immens für die psychischen Probleme und persönliche Agenda des Bösewichts und würde diesen auch gerne in einem sympathischeren Licht sehen. Also wieso bauen wir nicht einfach 15 Minuten Flashbacks ein und stellen die Frage in den Raum, ob Fred Krueger nicht eigentlich doch ein ganz netter Kerl ist und zu unrecht einen grausamen Feuertod starb. Und c) [die Jugendschutzbehörde] schreit auf, "Tolle Idee! So ist der Typ auch gleich weniger bedrohlich und der Film weniger bedrückend. Damit kriegt ihr auch eine Jugendfreigabe." Immerhin war ja auch ein Meisterwerk wie Alfred Hitchcocks Psycho (1960) nur deswegen so ein Erfolg, weil uns in den abschließenden zehn Minuten des Films ein Psychologe en detail die seelischen Abgründe von Norman Bates erklärte.

Ach ja: ^^Sarkasmus!


5. Laber Rhabarber ist mein letztes und kürzestes No-No-No, an das ich mich hiermit auch halten möchte: effektive Horrorfilm-Bösewichter quatschen uns nicht die Ohren blutig. Konnte sich keiner der Macher von Nightmare anno 2010 daran erinnern, warum die Originalserie qualitativ den Bach herunterging? Weil Freddy nicht aufhören konnte, zu schwafeln und zum König der One-Liner wurde. Man stelle sich Alien (1979) vor mit einem redseligen Außerirdischen? Oder Leatherface, der Shakespeare zitiert. Oder gar Hannibal Lector, der nicht mehr jedes Wort mit Vorsicht wählt sondern babbelt als gäb'sch kei Morgen. Brrrr! Es schaudert mich. Die Filmemacher und der neue Freddy-Darsteller Jackie Earle Haley sind hiermit verurteilt zum Nachsitzen in der Robert Englund School of Fucking Creepy Silence.

Bis dahin gilt: Note Sechs - Setzen!

Freitag, 3. August 2012

Podcast #9 - Das Haus an der Friedhofsmauer (I 1981) & Theater des Grauens (GB 1973)

Ein verschnupfter Podcast unter größten körperlichen Anstrengungen, mit blutigstem Gekröse und der Unterstützung eines Potts heißer Zitrone. Daniel steht mir - ebenfalls leicht kränkelnd, aber unerschütterlich - zur Seite, wenn sich diese Woche zuerst alles um Lucio Fulcis Klassiker des Terrorkinos Das Haus an der Friedhofsmauer (OT: Quella villa accanto al cimitero aka The House by the Cemetery) dreht. Nachdem der Großmeister des verletzten Augapfels unsere Blutlust geweckt hat, setzen wir uns im zweiten Teil mit Theater des Grauens (OT: Theatre of Blood) auseinander, in dem ein verkannter Shakespeare-Mime mit größtmöglicher Theatralik Rache an seinen Kritikern nimmt. Mit Vincent Price als schauspielendem Rächer, Diana Rigg, Robert Morley, Diana Dors und vielen weiteren Größen aus den britischen Hammer- und Amicus-Schmieden. Großes Schmierentheater, mit dem wir eine MENGE Spaß hatten.

Der Lohmi freut sich auf harte Kritik, Liebesbekundungen und so ziemlich jegliches Feedback unter patrick@bahnhofskino.com. Abonniert unseren Podcast bei iTunes oder direkt auf der Bahnhofskino.com Startseite. Egal ob Facebook, Twitter, Google+ oder sonstwo... wir freuen uns, wenn ihr uns weiter empfehlt. Danke für ein paar schöne Musikschnipsel an Dan-O @DanoSongs.com!


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Quelle: MGM Home Entertainment

Quelle: Arrow Video

Montag, 30. Juli 2012

Hard Ticket to Hawaii (USA 1987) Review

Andy Sidaris versteht sein Publikum wie kein Zweiter. Halbnackte Girls, vorzugsweise ehemalige Playboy-Centerfolds, prügeln sich leicht bekleidet mit fiesen Drogenhändlern unter Einsatz jeder denkbaren Stich- und Schusswaffe herum. Dieser Satz beschreibt nicht nur den Plot von Sidaris' 1987er Meisterwerk Hard Ticket to Hawaii, sondern so ziemlich jeden seiner zwölf DTV-Actionstreifen, die er im Laufe seiner kurzen, aber illustren Karriere drehte. Und für alle gilt: shot on Location in Hawaii!


Donna Speir (US-Playboy Ausgabe April 1984) und Hope Marie Carlton (Juli 1985) sind ehemalige Agentinnen der Drogenbehörde, die nun auf Hawaii ihre Frührente als Betreiber einer Spedition für kleine Frachtladungen genießen und gelegentlich mit ihrem kleinen Propellerflugzeug junge Hochzeitspaare zu entlegenen Stränden fliegen. Eines Tages aber landet eine genetisch mutierte Killerschlange versehentlich in ihrem Laderaum, die bei einem Zwischenstopp entkommen kann und nun mehr oder weniger unschuldige Hawaiianer dezimiert. Zudem legen sie sich eher unfreiwillig mit fiesen Drogendealern an, welche die beiden von nun an jagen. Um der nicht allzu komplexen Handlung noch ein bisschen mehr Schwung zu geben, verschlägt es zwei virile Haudegen samt Pferdeschwanz und eingeöltem Bizeps auch auf die Insel. Außerdem lernen wir einen zynischen Hollywoodmogul kennen (gespielt von Meister Sidaris selbst) und beobachten Cynthia Brimhall (Oktober 1985) dabei, wir ihr idyllisch gelegenes Restaurant von inkompetentem Personal (weibliche Gäste werden bevorzugt mit Kommentaren über die Qualität ihres Hinterteils oder der Möpse begrüßt) zugrunde gerichtet wird.

Quelle: www.andysidaris.com

Hard Ticket to Hawaii ist herrlich klassisches Videothekenfutter der 80er Jahre mit einer sehr persönlichen Note. Während die meisten DTV-Filme dieser Ära und heutzutage mit beinahe verbissener Ernsthaftigkeit ihre dünnen Stories erzählen, sind Andy Sidaris' Werke vor allem eines: ein großer SPAß. Dies soll nicht heißen, dass auch dieser Film eine dieser selbstironischen Actionkomödien ist, in denen uns der Regisseur quasi in jeder Szene mehr oder weniger eindeutig mit einem wissenden "Ja, ich weiß, dass das Trash ist" zuzwinkert und der Zuschauer den Film nur mit ordentlich ironischer Distanz zum Geschehen auf dem TV-Bildschirm ertragen kein. Nein, das Vergnügen rührt daher, dass Hard Ticket to Hawaii vollkommen unprätentiös mit seiner Geschichte und den Darstellern umgeht; sich nicht zu fein ist, uns eine wahnwitzige Action- oder Nacktszene zu schenken, weil die letzte schon mindestens fünf Minuten in der Vergangenheit liegt. Ob die Handlung eine solche bedingt, spielt keine Rolle. Sidaris weiß, was die Zuschauer seiner Filme erwarten und gibt ihnen genau das.


Es folgen ein paar Momentaufnahmen aus Hard Ticket to Hawaii, um euch darzulegen, was ich meine (kleine Spoiler... aber wird sind ja nicht so streng, oder?):

  • In einer der ersten Szenen des Films beobachten wir zwei hawaiianische Cops auf einer Routinepatrouille. Sie erwarten nichts Böses. Routine eben. Dum-di-dum. Im Laufe des kurzen Gesprächs lässt der ältere Cop fallen, dass er nur noch eine Woche bis zur Pensionierung habe und sich auf die Ruhe und den Müßiggang des Alters freut. Und sein jüngerer Kollege ist erst frisch der Polizeischule entsprungen, möchte noch viel von seinem Mentor lernen und irgendwann einmal der beste Cop auf Hawaii werden. Fünf Sekunden, nachdem wir diese liebevoll vorgestellten Charaktere kennenlernen durften (hach!), werden sie von Drogendealern an Bäumen aufgehangen und mit einer Schrotflinte erschossen.

  • Nachdem unsere beiden Playboy-Mädels eben mal eine Killerschlange entwischen ließen und ein Drogensyndikat gegen sich aufgehetzt haben, müssen sie sich erst einmal Gedanken machen, wie sie denn nun weiter vorgehen. Schließlich ist die Kacke ordentlich am Dampfen. Vorschlag von Donna: "Let’s unload the plane and then go hit the hot tub. That’s where I do my best thinking." Keine weiteren Worte.

  • Einer der größten Spaßfaktoren im klassischen Actionfilm sind ja die Handlanger des Oberbösewichts. Hard Ticket to Hawaii hat eine ganze Armee cooler Henchmen, nicht zuletzt das masochistische Arschloch "Shades", der versteckt hinter einer verspiegelten Sonnenbrille bevorzugt wehrlose Polizisten erschießt und liebend gerne Frisbee spielt. Welch Ironie, dass er später sein Leben verliert im Duell gegen einen unserer Helden, der ihn mit einem mit Rasierklingen gespickten Frisbee einen Kopf kürzer macht und dabei gleich noch ein paar Finger mitnimmt. Und wer könnte den Tod des Skateboard-Todesschützen mit einem Faible für Gummipuppen vergessen...?


Summa summarum: ein Riesenspaß für kleine und große Jungs. Sex and Violence ...and all in good fun. Mehr Infos zu Andy Sidaris und seinen Filmen findet ihr unter Andy Sidaris Dot ComHard Ticket to Hawaii und elf weitere (überwiegend) grandiose Actionknaller findet ihr auch im Girls, Guns and G-Strings DVD Set. Glaubt mir, das sind die lohnendsten paar Dollar, die ihr jemals für eine Filmsammlung ausgegeben habt. Kauft das DVD-Set jetzt und dankt mir später unter patrick@bahnhofskino.com.*

Gute Nacht!

* Nein, ich verdiene weder irgendwas mit Verweis auf die Website des Regisseurs (R.I.P.) noch durch den Amazon-Link. Ich bin einfach nur ein netter Kerl, verdammt!

Donnerstag, 26. Juli 2012

Podcast #8 - The Dark Knight Rises (USA 2012) & Batman hält die Welt in Atem (USA 1966)

Gibt es einen Film in diesem Sommer, der sehnsüchtiger erwartet wurde als The Dark Knight Rises, Christopher Nolans bombastischer Abschluss (or is it?) seiner Batman-Trilogie? Wir beugen uns in dieser Woche dem unbarmherzigen Mainstream und Wünschen von Millionen Kinogängern und sprechen einen Batman-Film, in dem der Titelheld kaum vorkommt. Full disclosure: wir sind eher weniger begeistert. Wir erörtern am 1966er Batman: The Movie außerdem die Frage, was denn ein guter Superheldenfilm so braucht und ob Adam West ein besserer Batman ist als Christian Bale. Oder entpuppen wir uns als Fans von Michael Keaton? Oder ist gar George Clooney der ultimative fledermäusige Superheld? Antworten darauf und noch viel mehr gibt es in unserem eeeeepischen Podcast.

Geschmack gefunden am Bahnhofskino Podcast? Hatemails, Liebesbriefe und sonstigen Nonsens bitte an patrick@bahnhofskino.com mailen. Weitere Folgen findet ihr bei iTunes oder abonniert den Feed auf www.bahnhofskino.com. Ansonsten bitte gerne teilen bei Facebook, Twitter, Google+ und Co... wir freuen uns, wenn ihr uns weiter empfehlt. Wie immer gilt: Musik courtesy of Dan-O @DanoSongs.com. Intro music powered by mein Vater. Danke!


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Immer bunt, albern und funky: Adam West und Burt Ward als das Dynamische Duo in Batman hält die Welt in Atem (1966). Quelle: 20th Century Fox.

Blu-Rays für den verschnupften Sommer... hust!

Hurra, endlich sind die heißen, sonnigen Tage da! Baggersee, Park, Schwimmbad, ans Meer... egal wohin, Hauptsache raus. Woo-Hooo!!

Zurück zu meiner Wenigkeit: durch eine Erkältung geschwächt und daher erstaunlich unzynischer- und herzlicher- und netterweise möchte ich euch heute einfach ein paar Tipps geben, welche mit cineastischen Genüssen gefüllten Silberscheiben aus heimischer Produktion und aus dem Ausland derzeit empfehlenswert sind. Für all diejenigen unter euch, die meinen Gesundheitszustand teilen, aus anderen Gründen ans Bett gefesselt oder einfach nur lieber die Sonne meiden und ihren Tag im abgedunkelten Kellerloch verbringen im Anschluss ein paar sehr schicke Neuerscheinungen. Wie immer gilt: enjoy!

Repo Man - der Film, der sich jedem normalen Genre verweigert, auf einer brillanten Blu-Ray aus dem Hause Masters of Cinema (UK).

Repo Men (USA 1984)

Wer mich kennt, weiß, wie sehr ich diesen Film liebe. Das beste Werk von Underground-Auteur Alex Cox mit einem erstaunlich amüsanten Emilio Estevez und der schönsten, zerfurchten Gesichtslandschaft Hollywoods: Harry Dean Stanton. Mit dem Begriff Kultfilm wird leider viel zu oft herumgeschmissen und selbst Streifen damit geadelt, die diesen Titel nicht verdient haben.* Repo Man aber ist DER ultimative Kultfilm der 1980er. Die Masters of Cinema Blu-Ray präsentiert den Film in schönstem hochauflösendem Licht mit amüsant-informativem Bonusmaterial und - Wow! - den Comic-Storyboards des Regisseurs im Booklet. Allein dafür sollte man seine zerkratzte DVD oder abgenudelte VHS-Kassette gegen diese Edition austauschen.

* kürzlich wurde in meiner Anwesenheit Austin Powers (1997) als Kultfilm herbei zitiert - WTF?


Tausendschönchen erstrahlt nun tausend mal so schön wie bisher auf der neuen Blu-Ray von Bildstörung.

Tausendschönchen (CSSR 1966)

Noch so ein schwieriger Film, wenn es darum geht, ihn auf den Punkt zu bringen: surreal-trashige Chickflick-Komödie mit sozialkritischem Einschlag trifft es wohl am Besten. Mit Sicherheit ein Film, den man nur lieben oder hassen kann, denn die beiden Protagonistinnen des Films (Maria und Maria) sind in ihrer selbstverliebt-nervigen Albernheit bestimmt selbst hartgesottenen Cineasten etwas zu viel. Nichtsdestotrotz ein filmhistorisch wertvolles Stück Kino, das jeder gesehen haben sollte. Die Jungs und Mädels von Bildstörung haben sich mit ihrer neuen Blu-Ray von Tausendschönchen [Sedmikrásky] (auch als DVD erhältlich) selbst übertroffen. Neben einem wirklich interessanten Audiokommentar und einem mit etwas unnötig viel akademischem Blabla gefülltem Booklet erscheint der Film auch in einer limitierten Auflage von 300 Stück als Limited Edition mit Soundtrack CD. Leider sehr ohrwurmig, ich kriege die Melodien nicht mehr aus dem Kopf. Aaargh! Und wo wir gerade bei bekloppt nervtütigen Ohrwürmen sind...


Auf Arrow Video (UK) ist nicht nur in Sachen Lucio Fulci und Dario Argento Verlass - das Label hat auch ein Herz für irrsinnige Musicals.

Forbidden Zone (USA 1980)

Vor nicht allzu langer Zeit verstarb die großartige Susan Tyrrell und ich nahm dies zum Anlass, zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen meine Arrow Blu-Ray des Richard Elfman Anarcho-Musicals Forbidden Zone hervor zu kramen und es bei plärrend hoher Lautstärke zu genießen. Weniger sozio-politisch provokant, dafür aber ebenso irre wie Tausendschönchen, kann man den Film immer wieder genießen sofern man keinen allzu großen Wert auf einen nachvollziehbaren Plot legt. Bei all den LSD-inspirierten Bildern, Musicalnummern von Oingo Boingo und den Kipper Kids, gepaart mit einem Ensemble bestehend aus Tyrrell, Danny Elfman, Hervé "Fantasy Island" Villechaize und Joe "Maniac" Spinell würde aber zu viel Handlung auch nur störend wirken.


Eines der vier Wechselcover für The Conformist, die charakteristisch sind für alle Arrow und Arrow Academy DVD und Blu-Ray Veröffentlichungen. Très chic!

Il Conformista - Der große Irrtum (I 1970)

Abschließend noch zwei Arthouse-Klassiker in den weltweit schönsten Edition. Dass Arrow Video nicht nur Trash und Sleaze vollendet auf Blu-Rays packen kann, haben sie schon dutzendfach bewiesen. In ihrer kleinen Reihe Arrow Academy hingegen bringt das Label hingegen immer wieder echte, große Kunst heraus - wie zuletzt Bernardo Bertoluccis Frühwerk Il Conformista - Der große Irrtum. Endlich eine adäquate Möglichkeit, dieses Meisterwerk in makelloser Bildqualität und eingebettet in außergewöhnlich gut produzierte Bonus Features zu genießen.


Über die Auswahl der Filme in der Criterion Collection kann man sich beizeiten streiten - nicht aber über die künstlerische Qualität der Cover. Die Blu-Ray von Belle de Jour macht da keine Ausnahme.

Belle de jour - Schöne des Tages (F 1967)

Einen der schönsten und auch für Otto-Normal-Filmchengucker zugänglichsten Filme von Luis Buñuel wurde endlich mit einer Blu-Ray aus dem Hause Criterion geadelt - der Heimkinoschmiede, die uns bereits hunderte Meisterwerke auf Laserdisc, DVD und in HD geschenkt hat... und alles von Wes Anderson... und zwei Filme von Michael Antichrist Bay! Aber zurück zu Belle de Jour: dieser Klassiker des erotischen, surrealen Kinos mag nicht so abgefahren und innovativ sein wie Der Diskrete Charme der Bourgeoisie (mein liebstes Buñuel-Werk), ist aber ebenso sehenswert. Nicht zuletzt für Catherine Deneuves brillante Darstellung (die beste ihrer Karriere!) der vom Hausfrauendasein gelangweilten Protagonisten Séverine, die sich auf der Suche nach Abenteuern in einen Nebenjob in einem Puff flüchtet. Akademisch wertvolle und überwiegend sehr unterhaltsame Bonus Features inklusive. Der Import lohnt - trotz des für uns Europäer schlechten Dollarkurses.

Dienstag, 17. Juli 2012

Podcast #7 - The Fantastic Four (D/USA 1994) & Turkish Star Wars (TR 1982)

Es gibt wenige Filme, die es in Sachen hirnzerfressender Grauenhaftigkeit mit Manos - The Hands of Fate aufnehmen können. Turkish Star Wars AKA Der Mann, der die Welt rettete (OT: Dünyayı Kurtaran Adam,1982) ist ein solches Werk. Daniel und meine masochistische Wenigkeit widmen uns im dieswöchigen Podcast aber zuvor einem weiteren Klassiker des missachteten Kinos: Roger Cormans und Bernd Eichingers zu Unrecht versteckte Low Budget-Version von Die Fantastischen Vier (1994). Dehnt eure Gliedmaßen, zieht eure Pappmachémasken an und macht es euch gemütlich - es werden wunderbar wahnwitzige 70 Minuten.

Feedback zu dieser und allen vergangenen und zukünftigen Folgen bitte an patrick@bahnhofskino.com. Ansonsten bitte gerne teilen bei Facebook, Twitter, Google+ und Co... und drückt uns die Daumen, dass jetzt alle technischen Probleme behoben sind und unser Feed endlich bald bei iTunes landet. Und wie immer: Vielen Dank für das musikalische Gedudel an Dan-O @DanoSongs.com!


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Samstag, 14. Juli 2012

Bad Boy Bubby (AUS 1993) DVD Review

Was macht eigentlich Rolf de Heer? Da rotzt uns der australisch-niederländische Filmemacher anfang der 90er - in dieser Blütezeit des Independentfilms - einen der schönsten, dreckigsten und berührendsten Streifen aller Zeiten hin, gewinnt mal eben in Venedig einen Goldenen Löwen, und verschwindet danach (fast) in der Bedeutungslosigkeit. Zwar treibt er sich immer noch auf den bedeutendsten Filmfestivals der Erde herum und sammelt fleißig Preise ein (zuletzt für sein großartiges Abenteuerdrama Ten Canoes), doch hat keines seiner Werke je das Renomée und emotional auszehrende Qualität seines Debütfilms Bad Boy Bubby erreicht.

Quelle: www.bildstoerung.tv

Die Ausgangssituation des Films ist so simpel wie faszinierend wie erschreckend wie pervers: Bubby (Nicholas Hope), ein Mann um die 30, lebt mit seiner Mutter (Claire Benito) in einem heruntergekommenen Ein-Zimmer-Appartment. Bubby hat die vier Wände seines Heims Gefängnis nie verlassen. Indem sie eine Gasmaske vor Verlassen der Wohnung aufzieht und ihrem Sohn regelmäßig im wahrsten Sinne des Wortes den Atem nimmt, suggeriert ihm seine Mutter, dass er außerhalb der ihm vertrauten Umgebung ersticken würde. Regelmäßig missbraucht sie Bubby körperlich und psychisch. Noch unerträglicher wird die Situation, als eines Tages ein fremder Mann (Ralph Cotterill) in das verkorkste Leben des ungewöhnlichen Mutter-Sohn-Gespanns tritt, der sich als Bubbys Vater entpuppt. Als die Lage für den Sohn unerträglich und gar lebensbedrohlich wird, gelingt Bubby eine unkonventionelle Flucht in die Freiheit. Doch erweist es sich als nicht unproblematisch, als erwachsener Mann mit dem Verstand eines Dreijährigen durch die Welt dort draußen zu kommen. Und ist die Welt vorbereitet auf Bubby?

Bad Boy Bubby ist der ultimative Debütfilm: dort, wo ein etablierter Filmemacher aufhören würde, weil es die Grenzen des guten Geschmacks und political correctness verbieten, macht Rolf de Heer einfach weiter. Wo in einem konventionellen Drama alles auf ein Ende hinauslaufen würde, in dem das irre und irrende Mannkind Bubby auf den Pfad der Tugend, Aufklärung und Erlösung finden würde, bleibt der Autor-Regisseur seiner persönlichen Überzeugung und seinem infantilen Protagonisten treu. Friss oder stirb. Die Welt und alle Menschen darin, deren Wege sich mit denen Bubbys kreuzen, müssen sich mit dem Außenseiter auseinandersetzen; ihn ins Herz schließen oder ausspucken. Eine weitere Alternative gibt es nicht, denn Bad Boy Bubby folgt keiner klassischen Erzählstruktur, die uns weismachen will, dass man einen von Geburt an über Jahrzehnte seelisch geschundenen Menschen jemals wieder in gängige gesellschaftliche Normen wird pressen können.

Seine ebenso verstörende wie bewegende Geschichte verpackt de Heer in großartige Cinemascope-Bilder, quasi als visueller Gegenpol zu den überwiegend klaustrophobischen und kargen Schauplätzen des Films. Seine Kamera macht auch aus kleinen Momenten großes Kino und unterstreicht die Isolation und das spätere Chaos, in dem Bubby herum stolpert. Wie ein endlos großes Schlachtfeld wirkt die kleine Gefängniswohnung, nachdem Bubby und seine Eltern dort gewütet und alles auseinander genommen haben. Bedrückend sind die Szenen, in der wir unseren Antihelden dabei beobachten, wie er sich seiner Unfähigkeit bewusst wird, ein geliebtes menschliches Wesen oder Tier vor Trauer, Krankheit oder Tod zu bewahren.


Bis zur finalen Einstellung des Films, die man entweder als sentimental-hoffnungsvollen Ausblick oder als in seiner Überzeichnung bitterbös ironischen Schlusspunkt betrachten kann, versteht weder Bubby die Welt noch verstehen wir Bubby gänzlich. Immer wieder werden amüsante Momente mit großer Tragik gebrochen, folgt auf eine neue Begegnung ein ebenso schneller Abschied. Die Handlung ist episodisch. Sie schlägt Haken, heißt neue Figuren willkommen und reißt Bubby nur Minuten später aus ihren Armen. Einerseits ist dies ein beinahe klassisches Problem von Independentfilmen wie Bad Boy Bubby, der über einen Zeitraum von mehreren Jahren produziert wurde und sich daher nicht den Luxus leisten kann, immer wieder auf die gleichen Darsteller zurück zu greifen. Andererseits kann man den konfusen Aufbau des Plots auch als Abbild von Bubbys Psyche betrachten. Immerhin betrachten wir alles durch seine Augen, weichen ihm niemals von der Seite. Und warum sollte man es dem Zuschauer einfach machen wenn es der titelgebende Protagonist so schwer hat?

Bad Boy Bubby ist uneingeschränkt zu empfehlen für alle am menschlichen Wahnsinn interessierten Filmfreunde, die sich an den teils expliziten Bildern (kein Film für Katzenfreunde!) und kleinen inszenatorischen Schwächen und narrativen Irrwegen nicht stören. Rolf de Heer und seinen furchtlosen Darstellern - und wenn ich sage furchtlos, dann meine ich furchtlos - Film ist ein faszinierendes Psychogramm; eine bitterböse Tragödie und lebensbejahende Komödie zugleich. Nicht jeder wird nach dem ersten Akt des Films noch den Wunsch verspüren, Bubby auf seinem weiteren Weg zu begleiten. Aber alle Mutigen unter euch, die die Reise wagen, wird der Film belohnen.



Die DVD für diese Rezension wurde freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Bildstörung und ist bei Amazon und im gut sortierten Handel erhältlich.

Dienstag, 10. Juli 2012

Podcast #6 - Lieblings-Kindheitsfilme und süß-saure Nostalgie

Was ich euch kürzlich androhte, wird nun grausame akustische Wirklichkeit: Daniel und meine Wenigkeit sprechen in epischer Länge über unsere Kindheitserinnerungen an das Kino, Fernsehen und alles, was die heimische VHS-Sammlung in der 80ern hergab.  Und zu eurem Vergnügen haben wir das Ganze als MP3 für die Nachwelt verewigt. Juhuuu! Highlander, Star Wars, Bud Spencer, Terence Hill, Katastrophenfilme, gute (Disney) und schlechte Trickfilme (In der Arche ist der Wurm drin) - wir thematisieren fast alles, was unsere noch unverdorbenen Kinderseelen damals berührte.

Bei welchem Filmen und Serien trüben sich eure Äuglein in einem Anflug sentimentaler Nostalgie? Und was denkt ihr sonst so über unseren Podcast? Schreibt an patrick@bahnhofskino.com und lasst mich daran teilhaben. Großes MERCI wie immer für Intro, Outro und diverse Musikschnipsel an Dan-O @DanoSongs.com!

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"Wir lieben Bohnen... und Prügel... und die Bahnhofskino.com Podcast!"