Freitag, 11. November 2005

"Extras" - Series 1 (GB 2005) - Short Review [R2]

Extras markiert die Rückkehr von Ricky Gervais und Stephen Merchant in die heimischen Gefilde der BBC. Nach ihrem unglaublichen Erfolg mit The Office (2001-2003) nutzte Gervais die Zeit für einen kurzen Abstecher in die Standup-Comedy bevor er sich mit seinem Kreativpartner darüber Gedanken machte, wie man den hohen Erwartungen der Zuschauer an ihn und Merchant wohl gerecht werden könnte. Das Ergebnis ist Extras, eine bisher sechs-teilige Serie über den Alltag zweier Filmkomparsen namens Andy (Gervais) und Maggie (Ashely Jensen). Gervais spielt eine nettere, wenn auch nicht zwangsläufig intelligentere Version seines Office-Charakters David Brent. Maggie ist die recht dümmliche aber liebenswürdige Busenfreundin Andys, die sich entgegen jeder Vernunft immer wieder an ihren unwesentlich smarteren Kollegen für Hilfe in Liebesdingen und Political Correctness wendet.




Die Serie bezieht, ähnlich wie The Office, einen großen Teil ihres Humors aus peinlichen Situationen, in welche unsere Hauptdarsteller immer wieder unfreiwillig geraten. So endet der Atheist Andy beispielsweise im Disco-Outfit in einer Gebetsgruppe und Maggie kann sich selbst im Beisein afrikastämmiger Kollegen den ein oder anderen ungewollt rassistischen Kommentar nicht verkneifen. Die prominenten Gaststars wie Samuel L. Jackson, Ben Stiller, Kate Winslet und Patrick Stewart spielen allesamt sich selbst, treten aber meist nur als Nebencharaktere in Erscheinung. Als genialer Schachzug Gervais' und Merchants erweist es sich, die Prominenten in entlarvender und hochnotpeinlicher Weise zu porträtieren. Wenn sich Patrick Stewart als lahme Star Trek-Kalauer erzählender Lustgreis entpuppt und sich Kate Winslet als schweinische Sextipps zum Besten gebende ("Stuck your Willy Wonka between my Oompa-Loompas!") Egomanin entpuppt, dürften selbst große Fans dieser Schauspieler Zweifel an deren Talent und Klasse entwickeln. Wie gesagt liegt jedoch das Hauptaugenmerk der Serie auf Andy und Maggie. Allein Les Dennis, ein in die Liga der C-Prominenz abgestiegener Komiker, stiehlt unseren beiden Protagonisten mit seiner absolut herzzerreissenden, zum Brüllen komischen Performance kurzzeitig die Schau.




Stilistisch ist Extras meilenweit von The Office entfernt. Statische Kameraeinstellungen und Dolly-Shots ersetzen hier die Handkamera, was der Serie etwas von ihrem dokumentarischen Charakter nimmt. Kurze, sorgsam inszenierte Szenen aus den fiktiven Filmprojekten der Berühmtheiten sehen wir in Scope, während der Rest der Handlung im TV-freundlichen Bildformat stattfindet. Warum man sich für einen derart geschliffenen Stil entschieden hat, steht zur Diskussion offen. Vielleicht wollten sich Gervais und Merchant aber nicht nur inhaltlich sondern auch visuell weitestmöglich von ihrem Erstlingswerk distanzieren... und dies ist ihnen gelungen. Extras ist die mit Abstand beste britische Comedy-Serie seit langem und kann sich mühelos mit US-Formaten wie Larry Davids Curb Your Enthusiasm und Arrested Development messen.


Die kürzlich in GB erschienene Doppel-DVD enthält alle sechs Episoden der ersten Staffel in sehr guter Bild- (16:9) und Tonqualität (stereo). Das Bonusmaterial ist mindestens so komisch wie die Serie selbst und zeigt neben einer witzigen Making of-Doku auch hysterische Outtakes, Deleted Scene und ein 10-minütiges Feature über Ricky Gervais' Vergnügnen daran, seinen Cutter mit Hilfe von Klebeband und Haushaltsutensilien zu verunstalten. Brillant!

Update: Jetzt auch auf DEUTSCH (bah!): Extras - Die komplette erste Staffel

Donnerstag, 3. November 2005

Singin' in the Rain (USA 1952) - Review [R2]

Mit Gene Kelly, Debbie Reynolds, Donald O’Connor, Jean Hagen und Cyd Charisse
Musik: Arthur Freed (Texte) & Nacio Herb Brown (Orchestrierung)
Buch: Adolph Green & Betty Comden
Produktion: Arthur Freed
Regie: Stanley Donen und Gene Kelly


Warum nicht auch mal auf einen älteren Titel aus meiner DVD-Bibliothek hinweisen? Um’s kurz zu machen: Singin' in the Rain, in Deutschland auch bekannt als Du sollst mein Glücksstern sein, ist das wohl beste MGM-Musical aller Zeiten. Die drei Hauptdarsteller leisten geradezu Außerordentliches und die Musik- und Tanzeinlagen sind ausnahmslos perfekt geschrieben und inszeniert. Dies alles wird auf Warners 2002 erschienener Doppel-DVD präsentiert in perfekt restaurierten Technicolor-Farben, kristallklarem Sound und inklusive einer Auswahl exzellenten Bonusmaterials. Meine Empfehlung: Kaufen!

Ende der Rezension.



„Aber Musicals sind Kinderkram!“

Wenn du Gene Kelly auch nur einmal dabei betrachten durftest, wie er sich leidenschaftlich an die katzengleiche Cyd Charisse heranschmiegt und beide in der wohl spektakulärsten Musicalnummer des Films ein erotisches Feuerwerk entfachen (Ja, richtig gehört: e-ro-tisch), wird Singin' in the Rain sogleich den Platz deiner Emanuelle in Bangkok-DVD im Wandregal einnehmen.

Solltest du dich aber eher von einem mädchenhaften Charme begeistern lassen, so vergiss einfach das Männer verschlingende Raubtier Charisse und wende dein Augenmerk Debbie Reynolds zu. Dieses schelmische Leuchten in den Augen. Diese Leichtfüßigkeit. Diese zerbrechliche Schönheit. Hey, nicht umsonst sind dieser Frau Gene Kelly (beruflich) und Tony Curtis (im Privaten) erlegen.

Und noch etwas zum Thema „Kinderkram“: Singin' in the Rain ist in seiner Darstellung Hollywoods der 20er Jahre ausgesprochen detailliert und pointiert. Zwar ist der Film auch als leichte Komödienkost zu genießen, doch bieten sich für den Cineasten zahlreiche Gelegenheiten, Insiderwitze über hilflose Schauspieler, cholerische Regisseure und Produzenten, und die Oberflächlichkeit der Klatschpresse ausfindig zu machen. Darüber hinaus bietet die Tatsache, dass die Handlung in der Zeit des Übergangs vom Stumm- zum Tonfilm angesiedelt ist, die Möglichkeit, so einiges über den Aufruhr und die resultierenden Problematiken zu lernen, die der Einmarsch des Jazz Singers im Hollywood des Jahres 1927 verursachte.



„Pffffft… Ich bin nicht überzeugt. Bin doch kein Cineast (igitt!) oder so was. Und diese ach-so-subtile Erotik ist doch eher was für Mädels.“

Hast du dich jemals gefragt, warum der DTS-Sound der neuesten Herr der Ringe-Box deine Angebetete kalt lässt? Oder hat sich jemals das Objekt deiner Begierde vom perfekten Digitaltransfer von Rache der Sith beeindruckt gezeigt? Oder hat sie etwa große Augen gemacht, als sie einen Blick auf deine tolle Hellraiser-Puzzlebox geworfen hat?

Wahrscheinlich nicht.

Wie würde sich im Kontrast dazu ein Abend mit der Angebeteten, einer Flasche guten Rotweins und einer Privatvorführung von Singin’ in the Rain bei Kerzenschein entwickeln? Gemeinsames Lachen über die Eskapaden des dynamischen Duos Kelly/O’Connor (zur Lockerung der Atmosphäre), gefolgt vom gemeinsamen Bangen um das amouröse Schicksal dieser Traumpaarung (Sie: „Wird für die beiden wohl alles gut enden? Wie spannend! Darf ich deine Hand halten?“), und schließlich… na ja, wie der Film und der Abend mit der Traumfrau ausgeht, das musst du selbst abwarten. *räusperHappyEndingräusper*

Die Briefmarkensammlung war gestern.



„Also gut, Mädels mit Musicals anzubaggern habe ich nicht nötig. Und was hat so ein Film außer ein paar Tanznummern schon für mich zu bieten?“

Wie wäre es mit Humor? Die größte Stärke des Films – neben seinen perfekt choreographierten Tanz- und Gesangseinlagen – ist der unglaubliche Wortwitz. Die anfänglichen Verbalgefechte zwischen Kelly und Reynolds können es mühelos mit den besten Momenten einer Howard Hawks- oder Billy Wilder-Produktion aufnehmen. Jean Hagen glänzt als Stummfilm-Star, deren Mangel an Intelligenz und einer halbwegs erträglichen Stimme für andauernde Streitigkeiten mit ihrem Regisseur und Amüsement des Zuschauers sorgt. („Into the bush!“) Und diverse Seitenhiebe auf das Leben der Reichen und Schönen in Hollywood wirken auch heute noch so frisch wie vor über 50 Jahren.

Und wenn dir alleiniger Wortwitz nicht reicht, so verweise ich abschließend auf Donald O’Connor. Kellys Sidekick ist ein wandelnder Spezialeffekt, der in Singin' in the Rain mit „Make ’em laugh“ die wohl körperlich herausforderndste Musicaldarbietung leistet. O’Connor spielt Klavier, tanzt, wird niedergeschlagen, prügelt sich mit einem Stoff-Mannequin, läuft Wände hinauf, schlägt Salti und durchbricht schließlich die Studiowand, nur um sich schon Sekunden später strahlend vor dem (imaginären) Publikum mit einem Kniefall zu bedanken. Ach ja, singen und grimassieren tut er noch dazu. All dies geschieht dermaßen leichtfertig als hätte er sich die besten Gene Chico, Harpo und Groucho Marx’ geklaut und in seinen Genpool geworfen. O’Connor ist nicht nur ein begnadeter Tänzer, sondern ein ebenso genialer Komödiant.







„Aber ist das nicht alles furchtbar altmodisch und total überholt?“

Ja, und genau das ist das schöne an diesem Film. Auf den meisten amerikanischen RomComs der letzten Jahre lastet der Fluch postmoderner Ironie. Selten sieht man heute noch ein glückliches Filmpaar, dass sich „einfach so“ verliebt und nicht zuerst durch für beide äußerst peinliche Situationen schreiten muss. Daher mutet es fast bizarr an, wenn Kelly seiner Angebeteten bereits im ersten Drittel des Films seine Liebe im Scheinwerferlicht gesteht bevor er überhaupt die Chance hatte, in einen Apfelkuchen zu onanieren oder der bezaubernden Miss Reynolds mit einem gewissen Körpersekret die Haare zu frisieren.

Eine neuere amerikanische Liebeskomödie, an der ich mich vor kurzem erfreuen durfte, handelte von einem Teenager, der sich in ein gleichaltriges Porno-Starlet verliebt und, im Laufe der mit 130 Minuten überlangen Geschichte, auf dem Wege in ihr Herz (und unter ihren Rock) Misshandlungen seitens ihres Zuhälters und einen desillusionierenden Besuch einer Sexmesse hinter sich bringen muss. Was nach vor knapp 30 Jahren Taxi Driver seinen düsteren Touch verlieh, geht offensichtlich heute als leichte Teen Comedy-Kost durch. Nenn mich konservativ, doch nach all dem Yuck!-Humor im US-Kino der letzten Jahre hat man sich vom brillant unschuldigen Kitsch eines klassischen Musicals wie Singin’ in the Rain beinahe entwöhnt und lässt es daher heute umso frischer und unbekümmerter erscheinen.



„Äh… wie hieß der Film mit der Teeny-Pornodarstellerin doch gleich?“

Stolz und Vorurteil… glaube ich.



Bild:
Warners DVD-Präsentation ist prächtig. Die Reproduktion der intensiven Technicolor-Farben muss die Restauratoren vor große Schwierigkeiten gestellt haben, die sie aber eindrucksvoll gemeistert haben. Bis auf minimale Verschmutzungen in den ersten Minuten ist das Bild perfekt, kontrastreich und die Farben dynamisch. Warners Ultra-Resolution Process (uh-oh!) sei Dank! Singin' in the Rain reiht sich damit in die illustre Gesellschaft von Der Unsichtbare Dritte, Citizen Kane, Meet Me in St. Louis und Der Zauberer von Oz als ein weiterer Warner-Titel ein, dem man sein hohes Alter in keinem Moment ansieht.

Ton:
Dem englischen Ton wurde für diese Special Edition ein neuer 5.1 Surround-Mix spendiert. Der überarbeitete Sound klingt etwas klarer, bleibt der originalen Mono-Tonspur aber weitestgehend treu. Für Puristen gibt es darüber hinaus den Film in mono in den folgenden Sprachen: englisch, deutsch (passable Synchronisation, doch qualitativ meilenweit hinter dem Original) und spanisch.

Untertitel:
Untertitel stehen zur Verfügung in deutsch, englisch, spanisch, schwedisch, norwegisch, dänisch, finnisch, portugiesisch, hebräisch, polnisch, griechisch, türkisch, ungarisch, isländisch, kroatisch, französisch und italienisch. UT für Hörgeschädigte in Deutsch und Englisch.

Extras:
Reichlich. Der Audiokommentar mit Beteiligung von Debbie Reynolds, Cyd Charisse, Kathleen Freeman, Stanley Donen, den Autoren Betty Comden und Adolph Green, Baz Luhrman, dem omnipräsenten Rudy Behlmer und dem kürzlich verstorbenen Donald O’Connor ist ein Muss. Er bietet zum großen Teil dieselben Informationen wie die 30-minütige Doku What a Glorious Feeling auf Disc 2, geht aber weiter in die Tiefe. Wenn nur Zeit für ein Extra bleibt, so würde ich den Kommentar empfehlen.


Die neu produzierte Doku ist routiniert zusammengestellt, verschwendet aber leider zuviel Zeit mit Filmausschnitten. Besser ist da schon das für das amerikanische Fernsehen produzierte, 90-minütige Musicals Great Musicals, das einen guten Einblick in die Filme der Arthur Freed Unit in den 30er, 40er und 50er Jahren bietet.

Besonders interessant sind die Ausschnitte aus früheren Arthur Freed-Produktion, in denen die Songs aus Singin’ in the Rain premierten. Weiterhin gibt es Fotogalerien, Castingaufnahmen mit den Darstellern und noch vieles mehr zu entdecken.


Fazit: Warners 2-Disc Special Edition von Singin’ in the Rain ist auch drei Jahre nach ihrem Erscheinen immer noch DIE Referenz in Sachen Musicals auf DVD.

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Auf einer Skala von Hervorragend – Sehr gut – Gut – Okay – Mäßig – Schlecht
Film: Hervorragend
Bild: Hervorragend (1.33:1 Full Screen)
Ton: Sehr gut (DD 5.1; mono)
Extras: Sehr gut (Audiokommentar, 2 Dokumentationen, Castingaufnahmen, Kinotrailer, Galerien u.a.)

Mittwoch, 2. November 2005

R.I.P. Michael Piller

Gestern ist Michael Piller, ehemals u.a. Produzent von Star Trek - The Next Generation und Deep Space Nine, im Alter von nur 57 Jahren an einem Krebsleiden gestorben (mehr Infos hier). Ich erwähne dies, da ich einst zu der Generation von Trekkies gehörte, die Dank Pillers Ideen und Visionen eine Leidenschaft für Trek entwickelten, die das leicht angestaubte Weltraumcruising Captain Kirks und Spocks nie so recht in mir wecken konnte. Piller gelang es seit Beginn seiner Arbeit an Trek zu Beginn der dritten Staffel von TNG, Roddenberrys Universum eine Frischzellenkur zu verpassen ohne dabei dessen Ideale zu verraten. Unter seiner Mitarbeit entstand auch das glorreichste Kapitel in der Trek-Historie, Deep Space Nine, und zugegebenermaßen auch ein schwächeres, Voyager. Treks und Pillers Wege trennten sich bereits 1996, als er auszog, seine eigene Produktionsfirma zu gründen und später die Serie The Dead Zone zu entwickeln. Vielleicht war es Zufall, vielleicht aber merkte ich schon damals, dass sich mit seinem Weggang eine Lücke gebildet hatte, die Rick Berman und Brannon Braga niemals zu füllen vermögen würden. Zwar schrieb er '98 noch ein weiteres Trek-Skript (für den durchwachsenen Insurrection), brachte sich aber sonst nur noch peripher in die Produktion neuer Episoden Voyagers ein und war nicht mehr an der Entstehung der letzten und schlechtesten Trek-Serie, Enterprise, beteiligt.

Mein Enthusiasmus für Star Trek brennt schon seit einigen Jahren nur noch auf Sparflamme, doch ich möchte die Erinnerung an die schönen Stunden, die ich einst nachmittags mit Trek, seinen Charakteren und Geschichten vor der Glotze verbrachte, nicht missen. Und ein großer Teil meines Danks hierfür gebührt Michael Piller.

Montag, 31. Oktober 2005

Fröhliches Halloween!

Also als ich mir in jungen Jahren (ca. 1870A.D.) noch so richtig Mühe gegeben habe, an Halloween in möglichst grausiger Maskerade so viele Guinness wie nur möglich im Irish Pub um die Ecke zu killen, da war diese US-Festlichkeit (All Hallow's Eve) ja noch hauptsächlich eine Nischenbewegung für Erwachsene in deutschen Landen. 10 Jahre später sitze ich nun hier und mein Enthusiasmus für Ghouls und Ghosts am 31. Oktober hat sich etwas gemäßigt. Dafür finden's mittlerweile Hundertschaften von Kiddies, die heute nacht meine Wohngegend unsicher machen und bereits einen Eimer Konfetti vor meiner Haustür ausgeschüttet haben (so rächt es sich, wenn man keine Treats bereithält), offensichtlich ganz toll.


Bis zum nächsten (garantiert nicht grausigen und in Kürze erscheinenden) Review!

Samstag, 29. Oktober 2005

Mario Bava: Die Stunde wenn Dracula kommt (1960) von E-M-S

Nur ein kurzer Hinweis auf Mario Bavas Kultstreifen Die Stunde wenn Dracula kommt, der seit gestern exklusiv bei Karstadt erhältlich ist. All ihr armen Leutchen ohne WOM oder Karstadt in der Nähe müsst euch bis zum bundesweiten Release gegen Ende nächsten Monats gedulden.


Eine wunderbare DVD mit beiliegendem 40-seitigem Comic, einem gewohnt informativen (wenn auch sehr trockenen) Audiokommentar von Bava-Spezialist Tim Lucas und vielem mehr. Dickes Lob an E-M-S für diese vorbildliche Veröffentlichung (inklusive englischer UND italienischer Tonspur!).

Schönes Wochenende!

Mittwoch, 26. Oktober 2005

Anmerkungen zu Dominion und CAPELIGHT

Gestern bin ich mehr oder weniger zufällig auf die Information gestossen, dass Schraders Dominion $30m Produktionskosten verschlungen hat, Harlins erbärmliche Version 2.0 (Exorcist: The Beginning) gar $50m. Bedenkt man, dass es sich bei den Filmen weder um effektlastige Materialschlachten noch um Star-gespicktes Blockbuster-Kino handelt, so frage ich mich doch, wohin diese Umsummen geflossen sind. Auf der Leinwand ist davon jedenfalls wenig zu sehen.


Zu positiveren Neuigkeiten: CAPELIGHT ist ein junges deutsches Label, dass sich seit kurzer Zeit sehr um den Horrorfilm und wenig bekannte Filmperlen bemüht. Exzellente DVD-Veröffentlichungen wie der Halloween vorwegnehmende Black Christmas (1974) und George Romeros Martin (1977) sind anscheinend nur der Anfang von dem, was zu einer Liebsbeziehung zwischen mir und CAPELIGHT werden könnte. Für die bisherigen Veröffentlichungen jedenfalls wurden die weltweit besten Audio- und Videoelemente samt einer Menge Menge informativen Bonusmaterials aufgetrieben. Für ihre nächste DVD, Die letzte Verführung (1994), hat man gar den Regisseur aus seinem finsteren Unterschlupf gezerrt, um einen exklusiven Audiokommentar für diesen unterschätzten Erotik-Thriller einzuspielen.

Verzeiht meinen überschwenglichen Enthusiasmus für CAPELIGHTs bisherige Arbeit und glaubt bloß nicht, ich kriege auch nur einen müden Cent hierfür oder bin mit den Firmeninhabern befreundet/verwandt/verschwägert! Ich freue mich bloß sehr über eine derart positive Entwicklung im heimischen Genrekino, das Dank solch ambitionierter junger Firmen (und alten Hasen wie E-M-S, die sich in letzter Zeit sehr mit ihrer wundervollen Mario Bava Collection profiliert haben) hoffentlich schon bald auch international mit den Großen wie Criterion und Anchor Bay konkurrieren können wird.


Gerade frisch eingetroffen sind bei mir die R1 Special Edition-Veröffentlichungen von Cronenbergs Die Fliege (1986) und Glengarry Glen Ross (1992). Dazu ein anderes Mal mehr...

Cheers!

Montag, 24. Oktober 2005

Dominion: Prequel to The Exorcist (USA 2005) - Short Review [R2]

Mehr als die dreieinhalb Absätze der nun folgenden Kurzkritik ist Dominion: Der Anfang des Bösen wirklich nicht wert. Nicht etwa, dass Paul Schraders Urversion der später von Renny Harlin übernommenen Produktion ein wirklich schlechter Streifen ist! Er ist nur in so ziemlich allen Punkten höchst mittelmäßig. Mittelmaß ist schlimm genug. Aber ein mittelmäßiger Schrader ist Grund genug, um Tränen zu vergießen.

Dominion ist Harlins Version der Vorgeschichte zu einem DER Horrorklassiker der 70er zwar überlegen, doch macht er im Vergleich zu dieser nicht den qualitativen Quantensprung, dem ihm so einge US-amerikanische Kritiker zugesprochen haben. Der wunderbare Stellan Skarsgard traumwandelt durch die marrokanische Szenerie, die unterdrückte Leidenschaft Clara Bellars entflammt nur auf Teelicht-Niveau, und Pop-Sternchen Billy Crawford chargiert und grimassiert wild als der vom Teufel besessene Cheche (schlägt sich aber im Großen und Ganzen nicht allzu schlecht). Nur Gabriel Mann als Pater Francis ist mit ganzem Herzen bei der Sache - bevor dieses dann unvermittelt von den Pfeilen Satans durchbohrt wird.




Irgendwie hat man beim Betrachten ständig das Gefühl, diese oder jene Szene schon besser in anderen Filmen gesehen zu haben (vornehmlich natürlich in Friedkins The Exorcist). Die Dali-esken Traumsequenzen wirken unbeholfen und unfertig. Und so manche Entscheidung beim Schnitt ist eher schwer nachzuvollziehen. Vielleicht wollte Schrader aber auch nur von den teils an naive Landschaftsmalerei erinnernden Effekten so schnell wie möglich zu einer Charakterszene überblenden, um den Zuschauer nicht gänzlich der filmischen Illusion zu entreißen. Die schlechten Effekte sind wohl einerseits auf ein niedriges Budget zurückzuführen, in manchen Fällen aber nicht mal damit zu rechtfertigen. Warum z.B. CGI-Kühe, CGI-Hyänen und CGI-Schlangen wenn man doch auch echtes Getier hätte mitspielen lassen können?

Alles in allem hat der Film nichts wirklich Herausragendes zu bieten, daher erspare ich mir auch weitere Kommentare zu Drehbuch, Kamera (Vittorio Storaros schlechteste Leistung seiner langen, beeindruckenden Karriere) und Kostümen. Die DVD jedenfalls bietet ein ziemlich verwaschenes Bild, das für einen deutlich älteren Film eventuell akzeptabel wäre. Der Sound ist klar und frontlastig, doch nur an zwei oder drei Stellen hat man auch mal die Surroundkanäle bemüht (dafür aber umso wirkungsvoller). Schraders Audiokommentar ist neben ein paar Deleted Scenes das einzig nennenswerte Extra. Der Regisseur wirkt nicht besonders euphorisch, wortkarg und betont mehrfach, dass der Film eine Auftragsarbeit und nicht unbedingt ein Herzensprojekt ist. Who woulda thought?!

Sonntag, 23. Oktober 2005

Metropolis (D 1927) - Review [R2]

Mit Brigitte Helm, Alfred Abel, Gustav Fröhlich, Rudolf Klein-Rogge, Theodor Loos, Heinrich George u.a.
Musik: Gottfried Huppertz
Kamera: Karl Freund, Günther Rittau
Produktion: Ufa Berlin
Buch: Thea von Harbou
Regie: Fritz Lang


Fritz Langs legendäres Science Fiction-Epos aus dem Jahre 1927 hat bis heute nichts von seiner Kraft verloren und portraitiert eine Gesellschaft im Aufbruch ins industrielle Zeitalter ebenso sehr wie er prophetisch vor den Schrecken des Nationalsozialismus warnt.

Adolf Hitler benannte einst in maßloser Ignoranz Metropolis als seinen Lieblingsfilm, hatte aber offensichtlich die Kernaussage des Films verschlafen: Mittler zwischen Geist und Händen muss das Herz sein, oder auch: Lasse dich bei deinem Tun von Menschlichkeit und Liebe leiten. Inhaltlich ist Metropolis aufgrund seiner simplen humanistischen Botschaft weit weniger bahnbrechend als in seiner Visualisierung des alptraumhaften Molochs und der auf diesem ruhenden futuristischen Metropole. Tatsächlich folgt die Handlung des Films dem eher klassischen Muster des Kampfes von Gut gegen Böse. Das Kabinett des Doktor Caligari, Nosferatu, und auch Fritz Langs Dr. Mabuse: der Spieler waren insofern weitaus mutiger, als dass sie es wagten, die kriminellen und blutdürstigen Wahnsinnigen ins Zentrum des Geschehens zu rücken und dem Kinozuschauer einen strahlenden Helden (wie im Falle Metropolis der von Gustav Fröhlich dargestellte Freder) vorzuenthalten.

Wie bereits erwähnt sind es die visuellen Finessen, die Metropolis zu einem der stilprägendsten Werke im internationalen Kino werden ließen. Heute fällt es schwer, das Porträt der futuristischen Megacities in Blade Runner und Akira nicht mit Langs Meisterwerk zu assoziieren. Auch Brazils meilenweit in den Himmel ragende Wolkenkratzer und der darunter liegende Röhren- und Tunnelkomplex ist eindeutig von Metropolis geprägt. Die Idee, in künstlichen Gärten inmitten ein von Technik und Industrialisierung dominierten Umwelt Zuflucht zu suchen, zieht sich durch unzählige Science Fiction-Filme und –Serien. Und wer denkt nicht sofort an den besessenen Wissenschaftler Rotwang, wenn Dr. Seltsam in Stanley Kubricks gleichnamigen Film Gefahr läuft, sich in einem Anfall von Wahnsinn selbst zu erwürgen (schwarze Handschuhe inklusive)?

Trotz seiner majestätischen Bilder ist es unklar, wie viel von Fritz Langs ursprünglicher Vision heute noch erhalten ist. Enno Patalas’ informative Doku zur Entstehung des Films zeigt uns Aufnahmen vom Dreh, die wesentlich ambitioniertere Spezialeffekte erahnen lassen als die, welche wir tatsächlich zu sehen bekommen. Die von Budgetproblemen geplagte Produktion, Kürzungen des internationalen Verleihers Paramount, Fritz Langs spätere Flucht aus Deutschland und die mangelhafte Präservation des hochempfindlichen Originalnegativs machen die hier vorliegende Version des Films, trotz einer um 30 Minuten kürzeren Laufzeit im Vergleich zur 1927er Premierenfassung, zu einer filmrestauratorischen Meisterleistung.





Bild:
Transit Film präsentiert Metropolis - Deluxe Edition in der 2001 für die Berlinale restaurierten Fassung. Abgesehen von vereinzelten Sprüngen im Bild, die sich durch den Verlust weniger Einzelbilder erklären lassen, ist die hier vorliegende Version makellos. Selbst Szenen, die durch jahrelangen Zerfall beinahe als verloren galten, wurden hier Dank sensibel eingesetzter digitaler Manipulation in ihren Originalzustand zurückversetzt. Das Bild besitzt eine reiche Graupalette, welche die viel zu kontrastreich tiefschwarz/grellweißen Versionen früherer Tage weit hinter sich lässt. Die neu produzierten Texttafeln fügen sich angenehm in den Film ein.

Ton:
Der Film wird begleitet von der vom Rundfunkorchester Saarbrücken neu eingespielten Originalmusik Gottfried Huppertz’ in 5.1 Surround und Stereo. Beide Tonspuren klingen kristallklar und geben den Score ohne viel Surround-Schnickschnack wider.

Untertitel:
Untertitel stehen zur Verfügung in deutsch, englisch, französisch, spanisch und italienisch.

Extras:
Ein hervorragender Audiokommentar von Enno Patalas ist das bedeutendste Bonus Feature. Der Fall Metropolis beleuchtet in einer Dreiviertelstunde die Entstehungsgeschichte des Films und Martin Koerber präsentiert ein 10-minütiges Feature zur Restauration des Klassikers. Darüber hinaus gibt’s Biographien zu Stab und Besetzung und eine umfangreiche Photogallerie. Besonders lobend möchte ich die Tatsache erwähnen, dass das gesamte Bonusmaterial auch englisch synchronisiert bzw. untertitelt auf dem DVD-Set zu finden ist. Besonders cool für all diejenigen, die auch des Deutschen nicht mächtige Freunde in den Genuss des Films kommen lassen möchten.

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Auf einer Skala von Hervorragend – Sehr gut – Gut – Okay – Mäßig – Schlecht
Film: Hervorragend (aber viel schwerer Pathos!)
Bild: Hervorragend (1.33:1 Full Screen)
Ton: Hervorragend (DD 5.1; stereo)
Extras: Sehr gut (Audiokommentar von Enno Patalas, Dokumentationen zu Film & Restaurierung, Fotogallerien u.v.m.)