Sonntag, 11. Dezember 2005

Danger: Diabolik (I/F 1968) - Review [R1]

Mit John Phillip Law, Marisa Mell, Michel Piccoli, Adolfo Celi, Terry Thomas u.a.
Musik: Ennio Morricone
Kamera: Antonio Rinaldi
Produktion: Dino De Laurentiis, Bruno Todin
Buch: Mario Bava, Brian Degas, Tudor Gates, nach Diabolik von Angela und Luciana Giussani
Regie: Mario Bava



Mario Bavas Ausflug in die Welt der Comics ist ein immens vergnügliches Juwel des europäischen Films der 60er Jahre. Erstmals veröffentlicht wenige Jahre nach dem Erfolg der französischen Fantomas-Verfilmungen und kurz nach dem Start der verkitscht-albernen Batman-Fernsehserie mit Adam West, markiert Danger: Diabolik zusammen mit dem fast gleichzeitig erschienenen Barbarella (1968) den Höhepunkt des Comicfilm-Booms dieser Ära. Basierend auf den damals (und bis heute) in Italien sehr populären Fumetti von Angela und Luciana Giussani inszeniert der Maestro des Horrors einen herrlich überdrehten Trip in eine Welt voller größenwahnsinniger Schurken, trotteliger Polizisten und sexy Damen.

John Phillip Law spielt Diabolik, einen genialen Meisterdieb, der sich ebenso wie viele Bond-Bösewichter nicht mit Kleinigkeiten wie Handtaschenraub und simplen Banküberfällen zufrieden gibt, sondern die Herausforderung sucht. In der Eröffnungsszene sehen wir ihn beim Raub des (wie eine Figur am Rande kurz zuvor betont) "größten Barvermögens, das jemals auf öffentlichen Straßen transportiert wurde". Doch dies dient nur als Appetizer für Diaboliks spätere Coups, die an Finesse, Dramatik und Actiongehalt stetig zunehmen. Böse Zungen würden behaupten, seine Geliebte und Komplizin Eva (Marisa Mell) sei es, die ihn dazu antreibt, sein Leben wieder und wieder für Unmegen an Barem und Juwelen auf's Spiel zu setzen. Geld scheint das ultimative Aphrodisiakum in dieser Beziehung zu sein, der erst in den letzten, tragikomischen Momenten des Films eine gewisse Ernsthaftigkeit zuteil wird.

Alle Coups des zum Helden stilisierten Kriminellen bereits hier zu nennen wäre dem erstmaligen Sehgenuss dieses Streifens sicher nicht zuträglich. Der materielle Schaden, den Diaboliks Gegener erleiden müssen (ganz zu schweigen von mutmaßlich tausenden Menschenleben, die in einer kurzen, wahrhaft diabolischen Sequenz ausgelöscht werden), ist jedenfalls enorm und nur der Charme der Charaktere und Hauptdarsteller hält uns davon ab, Eva und Diabolik nicht als kaltblütige Terroristen sondern als sympathische Antihelden zu akzeptieren. John Phillip Law bietet als titelgebender Held eine starke darstellerische Leistung indem er seine Gestik und Mimik während seiner zahlreichen Streifzüge ins comichafte überhöht und in den ruhigeren Momenten des Films kalt, beinahe stoisch wirkt. Die kühle Fassade Laws schmilzt allein in den romantischen Momenten mit Marisa Mell dahin, die bis zur Halbzeit des Films größtenteils als erotische Staffage dient und erst später aktiver in die Handlung eingreift. Ihre einfallsreich gestalteten Kostümchen enthüllen jedenfalls mehr als sie verbergen und Mell trägt sie mit würdevoller Laszivität zur Schau. Eine vielschichtigere Charakterisierung unserer Protagonisten wäre in einem Spektakel wie Danger: Diabolik auch wirklich fehl am Platz.


Technisch versiert von Mario Bava (der auch am Drehbuch mitschrieb) in Szene gesetzt bietet Danger: Diabolik einen Vorgeschmack auf die überbordende Comic-Ästhetik Barbarellas und Mike Hodges' Flash Gordon. Man tut diesem actiongeladenen und mit wunderschönen Matte Paintings und einigen weniger wunderschönen Rückprojektionen geadelten Werk beinahe Unrecht, wenn man sein Budget von nur $400.000 herbeizitiert. Tatsächlich sieht man dem Film in fast keinem Augenblick die sparsame Hand Bavas an, der in den Jahren vor Danger: Diabolik bereits zahlreiche Horrorfilme mit einem Bruchteil dieses Betrags vollendet hatte. Neben Spezialeffekten, Verfolgungsjagden per Auto, Zug und Helikopter bleibt ihm aber immer noch Zeit für den ein oder anderen klassischen Bava-Moment, so z.B. als er eine denkwürdige Nahaufnahme von Christopher Lees nach seiner Geliebten greifenden Hände in La Frusta e il Corpo beinahe eins zu eins wiederverwendet. Die Beteiligung Ennio Morricones kam durch den einflußreichen Produzenten Dino De Laurentiis zustande und sein Score verleiht dem Film eben den finalen Touch Grandezza, der Danger: Diabolik aus der Obskurität hervorhebt und ihn hoffentlich bald so populär macht, wie es ihm zusteht. Die leichtfüßig-verspielten Melodien verlocken zum Mitsummen. Und der Titelsong Deep Deep Down dürfte jedem, der den Film gesehen hat, noch für viele Wochen in den Gehörgängen nachklingen.



Bild:Das Bild wurde zwar nicht restauriert, die vorhandenen Filmelemente liegen aber in bestmöglicher Qualität vor. Einige Einstellungen mit Spezialeffekten weisen starke Verunreinigungen auf, für einen Film dieses Alters ist die Videoqualität insgesamt jedoch erstaunlich gut und der DVD-Transfer nahezu perfekt.

Ton:
Die hier vorliegende englische Tonspur in mono 2.0 wird zwar keinen Surroundfetischisten vom Hocker reißen, bietet aber adäquate akkustische Begleitung für einen Film dieses Alters. Die Synchronisation ist weitestgehend gelungen und erspart sich krampfhaft witzige comic voices für die Nebendarsteller, wie sie offensichtlich bei der Erstveröffentlichung Verwendung fanden. Da sich die Hauptdarsteller selbst synchronisierten ist auch die Nichteinschließung des italienischen Soundtracks verzeihlich.

Extras:
Der Audiokommentar mit Hauptdarsteller John Phillip Law und Bava-Experte Tim Lucas ist amüsant und hält gekonnt Balance zwischen dem Erzählen von Anekdoten und der Vermittlung technischen Know-Hows. Die sehr amüsante und informative Doku From Fumetti to Film erzählt mit Hilfe von Comic-Historikern und prominenter Fans die Entstehungsgeschichte Diaboliks und enthält sogar Interviews mit Produzent De Laurentiis und Ennio Morricone. Der Kinotrailer verrät wieder mal viel zu viel über den Plot und das von Danger: Diabolik inspirierte Musikvideo Body Movin' der Beastie Boys (mit optionalem AK von Adam Yauch) rundet ein liebvoll zusammengestelltes Set an Extras ab. Ein Bravo! an Paramount für diese vorbildliche DVD-Umsetzung.



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Auf einer Skala von Hervorragend – Sehr gut – Gut – Okay – Mäßig – Schlecht
Film: Hervorragend
Bild: Sehr gut (1.85:1 anamorphic widescreen)
Ton: Sehr gut (Englisch DD 2.0 mono)
Extras: Sehr gut (Audiokommentar von John Phillip Law und Tim Lucas, Dokumentation, Kinotrailer, Musikvideo)

Sonntag, 20. November 2005

Crumb, Kino, Video-Silberlinge und Gedanken zum Sonntag

Roger Ebert hat Terry Zwigoffs bemerkenswerte Dokumentation Crumb (1994) in seine Great Movies-Familie aufgenommen. Nach langer Zeit endlich mal wieder ein Film, der diese Ehre auch verdient, denn Zwigoffs Werk über das Leben der Underground Comic-Legende Robert Crumb ist zugleich amüsant, informativ, intelligent, rührend und vermittelt ein Gefühl von ungeschminkter Authentizität, das 99% aller Dokumentationen der letzten Jahre leider vermissen lassen. Lest auf jeden Fall Eberts Essay oder vertraut einfach meinen Worten. Anyway, der gehaßliebte Starkritiker hat wieder mal ein kryptisches Addendum an seinen Artikel angefügt, das auf eine US-Neuveröffentlichung des Films auf DVD inklusive Audiokommentar mit Zwigoff und Ebert hinweist. Irgendwann 2006 soll's soweit sein und dann kann ich wohl auch endlich die vor fünf Jahren veröffentlichte, technisch armselige Fullscreen-Disc in die Tonne treten.


Bin ich mittlerweile zu verwöhnt oder ist die diesjährige Weihnachtssaison Kino- und DVD-technisch wirklich etwas enttäuschend? Diese Woche starteten mit wenigen Kopien der mit vielen Vorschußlorbeeren versehene Hustle and Flow, und auch Tokyo Godfathers wurde mit zwei Jahren Verspätung eine deutsche Kinoveröffentlichung vergönnt. Ansonsten wird wohl Harry Potter XVIII den Rest des Novembers dominieren und sich in der kommenden Woche auch von US-Mainstreamkost wie Exorcism of Emily Rose und Buffy-HeadHoncho Joss Whedons Serenity nicht den 1. Platz in den Kinocharts streitbar machen lassen. Von The Devil's Rejects (Start: 1.12.) hört man ja schon so einiges Positives aus den USA, aber große Zuschauerzahlen werden wohl nur Chronicles of Narnia am 7. Dezember und Peter Jacksons King Kong- Remake eine Woche später einfahren können (ich lehne mich jetzt mal einfach ein wenig aus dem Fenster und prophezeie, Narnia wird ein mittelschwerer Flop). Meine Wenigkeit wartet weiterhin gespannt auf Wiederaufführungen des 1933er King Kongs im Programmkino meiner Wahl (ab 1.12.), die Charles Bukowski-Adaption factotum (8.12.) und die Townes Van Zandt-Doku Be Here to Love Me (22.12.). Den heißen Oscar-Anwärter Walk the Line und Shane Blacks Comeback Kiss Kiss, Bang Bang werden wir in Deutschland wohl erst nächstes Jahr auf Kinoleinwänden sehen.




Und welche Juwelen kann man dieses Jahr im adventlichen DVD-Einkaufskorb finden? Wenige. Die US-Veröffentlichung von King Kong am Dienstag ist natürlich Pflicht (habe ich das etwa hier schon mal erwähnt?). Darüber hinaus werden alle anglophilen Filmliebhaber mit den folgenden neuen Releases verwöhnt: Neuauflagen der Muppets-Filme am 29.11., Kiss of Death, Where the Sidewalk Ends und The Dark Corner als drei weitere Titel in Fox' Film Noir-Reihe am 6.12., und ein teurer 13. Dezember mit Sin City Recut & Extended (langsam gehen den Marketing-Genies die Ideen für Special Edition-Titel aus), eine (lohnende?) Neuauflage von Airplane!, Gallipoli und die siebte Staffel der Simpsons. Auf dem europäischen Markt sind das am 5.12. in Großbritannien erscheinenende 2-Disc Set von The Krays bemerkenswert und die Teutonen-VÖ von The Frighteners (1.12.), welche selbst die US-Ausgabe Dank DTS und Einschließung der Kinofassung in der Sparte Value for Money weit hinter sich läßt.

Alle genannten Titel geben nur meinen sehr subjektiven Filmgeschmack wider und sollten mit Vorsicht genossen werden. Sollte mich noch ein Film oder die ein oder andere DVD aus dem Hinterhalt attackieren und positiv überraschen, so werdet ihr's auf dieser Site sofort lesen können... andernfalls schreibt einfach und erinnert mich daran, welche Kinostreifen und Silberscheiben ich Spatzenhirn mal wieder habe unter den Tisch fallen lassen.

Schönen Sonntag noch und ein guten Start in die Woche!

Donnerstag, 17. November 2005

Seht das achte Weltwunder... KONG!

Ein weiterer uninspirierter Tag für meine Wenigkeit. Nicht dass ich wirklich an Studien- und Arbeitsstress leide. Allein die Existenz, ja der alleinige Gedanke an Studium und Nebenjob reichen aber derzeit aus, um auch das letzte Fünkchen kreativer Kraft aus meinem Organismus zu pressen und mein Allgemeinbefinden gefährlich nahe in Richtung nasses-Handtuch-in-Beuys’scher-Fettecke rücken zu lassen.



Ach, wäre man doch King Kong und hätte den lieben langen Tag nichts anderes zu tun, als sich von den Eingeborenen einer mysteriösen Insel mit Anbetungen und dem ein oder anderen Menschenopfer in Form einer schmackhaften Blondine verwöhnen zu lassen. Und körperlich fit halten würde das ein oder andere Gerangel im Dschungel mit einem Tyrannosaurus Rex oder carnivoren(!!!) Brontosaurus nach dem Abendmahl. Diesem Traum wohl am nächsten kommt man mit der nächsten Dienstag erscheinenden Special Edition des RKO-Klassikers um den König der Affen und seinen tragisch endenden Trip in die Großstadt. Im neunten Jahr des DVD-Zeitalters hat sich Warner nun endlich der Kong-Fans erbarmt und schmeißt uns eine lang ersehnte Silberscheibe mit dem restaurierten Film, Audiokommentar von Animationslegende Ray Harryhausen und einer unter Mitwirkung vom abgespeckten Hobbit Peter Jackson entstandenen, knapp 3-stündigen Dokumentation in den Rachen. Die Amis müssen sich nur noch ein paar Tage gedulden, für die meisten von uns Kontinentalaffen wird das Festmahl wohl Dank langer Versandwege erst in ein paar Wochen serviert. Die Hoffnung, dass sich Kinowelt, Eigentümer der King Kong-Rechte im deutschsprachigen Raum, früher oder später auch mit einer derart luxuriösen DVD-Präsentation hervortut, kann man getrost in die Tonne treten. Brave Teutonen können ihre €15 aber ruhig in die solide deutsche Magerquark-Ausgabe von Willis O’Briens Meisterwerk investieren, Filmenthusiasten sollten für denselben Betrag (ein echtes Schnäppchen, wie ich meine) einen amerikanischen Onlinehandel ihrer Wahl bemühen.



Eine Rezension des Films und DVD, sobald sie in meine Klauen gelangt, ist versprochen. Indianerehrenwort! Bis dahin begebe ich mich weiter auf die Suche nach Inspiration und freue mich über eure eMails zur moralischen Erbauung.

Cheerio!

Montag, 14. November 2005

Faster, Pussycat, Kill Kill!

Und wieder mal ein kleines Update für meine Site, die langsam so etwas wie einen eigenen Stil findet. Neben äußerlichen Verbesserungen habe ich ein paar neue Links plus einen nützlichen Review-Index hinzugefügt, der in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren (wer weiß?!) noch stetig wachsen wird. Leider konnte ich keinen Platz für diese Katze finden...

Tja, ich schätze mal, man kann nicht alles haben. Katze im Topf in meinem Layout wäre vielleicht auch zuviel des Guten gewesen.

:seufz:

Doch schon morgen gibt's eine neue Rezension... also Augen auf, Ohren gespitzt und bis bald!

Sonntag, 13. November 2005

Dark City - Director's Cut ...demnächst?

Einige von euch dürfte es interessieren, dass in wenigen Monaten eine US-Veröffentlichung von Alex Proyas' Dark City (1998) im Director's Cut-Format ansteht. Letzte Woche hat Roger Ebert den Streifen (IMO unverdientermaßen) in den Kreis seiner Great Movies aufgenommen und beschloß sein Essay über die Brillanz dieses Films mit dem folgenden Vermerk:
    "Ebert did commentary tracks for the original DVD of "Dark City" and the forthcoming 2006 Director's Cut."

Oha! Nachdem dann logischerweise auf diversen Message Boards die Diskussionen begannen, wann denn diese mysteriöse neue Schnittfassung veröffentlicht werden würde, hat Ebert heute in seiner Movie Answer Man-Kolumne weitere Details bekanntgegeben:
    "After being missed by many moviegoers in its original release, "Dark City" has become a best-seller on DVD and developed a large and devoted following (see recent discussions at the blog Cinematical.com). Proyas is working on a new director's cut to be released in early 2006; I will expand my commentary from the original DVD to reflect the changes."

So, da habt ihr's! Fans von Dark City können schon mal jubilieren und ich werde einfach entspannt die ersten Rezensionen abwarten und dem Film nach seiner erneuten US-Veröffentlichung vielleicht eine zweite Chance geben. Die Trefferquote von Special Editions und Director's Cuts wird ja mit zunehmender Anzahl immer geringer und es bleibt zu hoffen, dass hier nicht mal wieder ein solides Original durch unnötige Ergänzungen und technische Spielereien verschlimmbessert wird.


Schönen Sonntag!